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SPECIAL zu Sophie Andresky

Frau Andresky, mit Ihren erotischen Kurzgeschichten „Feucht“ und „Tiefer“ haben Sie sich als Deutschlands erfolgreichste Pornoautorin etabliert. Wenn der Roman die Steigerung der Kurzgeschichte ist, was können wir erwarten von Vögelfrei? Wird es feuchter und noch tiefer – oder geht es darum, den Quickie durch den multiplen Lesegenuss am Stück zu ersetzen?
Sophie Andresky: Ja, feuchter und tiefer und vor allem länger! ich bin ja nicht nur Verbalerotikerin, sondern auch eine leidenschaftliche Geschichtenspinnerin. bei den Kurzgeschichten musste ich mich immer bremsen und konnte vieles nicht erzählen, weil es den Rahmen gesprengt hätte. bei „Vögelfrei“ konnte ich endlich alle Zurückhaltung aufgeben und mich in jeder hinsicht gehen lassen.
Am Anfang stand die Idee des „Treibhauses“, einer Art Sex-Club für Frauen, eine Diskothek mit angeschlossenem Darkroom. ich kann doch nicht die einzige sein, die tanzen heiß macht, aber keine Bartstoppeln von fremden Männern auf ihrem Kopfkissen haben will? Dann habe ich mich gefragt: welche Art Frau würde so einen Club aufmachen, was hat sie erlebt, wo kommt sie her, was will sie? Und als dann eine Freundin in einem Nebensatz sagte, es sei doch eine spannende Vorstellung, einmal alle Exfreunde gemeinsam zum Essen einzuladen und zu sehen, ob sie selbst herausfinden, was sie verbindet, hatte ich meine Heldin Marei.

Ein Jahr vom Ehemann „vögelfrei“ zu bekommen, klingt wie eine soziale Utopie. Wenn Männer sich neben ihrer festen Beziehung verlustieren, ist das normal. Wenn Frauen sich die Freiheit erotischer Abenteuer nehmen, ist das (immer noch) etwas anderes. Wollen Sie mit ihrer Prosa einen Beitrag zur Gleichberechtigung der Geschlechter leisten?
Sophie Andresky: Ich hoffe ja immer, dass man das nicht mehr muss. allmählich sollte die Gleichberechtigung doch auch in Posemuckl angekommen sein. aber wenn man unbedingt eine Moral in dem Roman suchen möchte – und ich bin nicht die Fachfrau für Moral – ist es wohl die, dass man sich selbst befreien muss. niemand anderes wird das tun.

Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und beschreiben Sexszenen so detailliert und handfest, wie sich mancher eine Gebrauchsanweisung für ein neues Technik-Tool wünscht. Wie haben Sie sich diese Kenntnisse zugelegt? Muss alles selbst ausprobiert und getestet sein oder lassen Sie Ihre Fantasie spielen?
Sophie Andresky: Ich finde, dass Sex eine unglaublich spannende Sache ist. Das ist wie ein Brennglas, unter dem alles ganz deutlich wird, die eigene Person wie die jeweilige Beziehung. wenn man sich nackig macht, kann man auch im übertragenen Sinn schlecht etwas verbergen, das ist doch wunderbar. manche Episoden sind autobiographisch, aber natürlich nicht alle. Wenn ich derartig viel auf der Piste wäre, käme ich ja gar nicht mehr zum Schreiben. ich recherchiere immer ausführlich – auch im Bekanntenkreis. Es ist irre, was einem die Leute für Details erzählen, wenn man erotische Bücher schreibt. Manches probiere ich auch extra für den Text aus, also z.B. ob eine Stellung so wirklich funktioniert oder ob sich etwas wirklich so anfühlt, wie ich es mir vorgestellt habe. Man könnte also sagen, die Suche nach der Lust ist mein Job. was für ein toller Beruf!

Das Vokabular, mit dem Sie Sexszenen beschreiben, ist sehr freizügig und fantasievoll. Gibt es für Sie Grenzen und absolute dont's / no-gos?
Sophie Andresky: Beim Vokabular gibt es kaum Grenzen, moralische schon gar nicht, aber natürlich habe ich manche Wörter lieber als andere. Entscheidend ist immer, ob es mich persönlich anmacht oder nicht. Ich bin eine Verbalerotikerin, ich will Sex nicht nur fühlen, hören und sehen, ich will ihn auch benennen. und erstaunlicherweise macht es mich nach sechs Büchern immer noch wuschig, wenn jemand so ganz nebenbei ficken sagt. Ganz vieles ist mir aber auch peinlich: Titten mag ich zum Beispiel nicht. Und wenn es zu blumig wird, finde ich es oft unfreiwillig komisch. Worte wie Luststab, Liebesperle oder Lustknospe wird man bei mir nicht finden. und auch bei Rute, Speer oder Fleischpeitsche denke ich eher an Comedy als an Erotik. Sex ist sowieso manchmal eine sehr komische Sache. wer immer sich das ausgedacht hat, hatte wirklich Humor.

Schreiben Sie ausschließlich für weibliche Leser – oder hoffen Sie, dass auch die Herren der Schöpfung sich (eventuell heimlich) über erotische Frauenphantasien informieren?
Sophie Andresky: Die meisten Leser, mit denen ich im Internet Kontakt habe, sind erstaunlicherweise M änner – was natürlich daran liegen kann, dass sich mehr M änner online tummeln als Frauen. und es scheint gar nicht darum zu gehen, etwas über weibliche Phantasien zu erfahren, sondern nach dem, was ich so an R ückmeldungen bekomme, finden Männer die Sexszenen einfach geil. Meine Perspektive ist natürlich immer weiblich, und vielleicht schätzen männliche Leser auch, dass sie bei mir nicht die üblichen Pornoklischees finden, sondern etwas anderes. Für mich müssen Sexszenen detailliert, lustig und auch ein bisschen spooky sein, dann macht es mir am meisten Spaß.

Es gibt den schönen, auch von Ihnen zitierten Ausspruch, unsere Gesellschaft sei oversexed und underfucked. Was heißt das?
Sophie Andresky: Auf der einen Seite sind wir ständig von Sex umgeben. Jeder Joghurt wird mit prall bäuerlichen Milchbrüsten beworben. In den Videoclips auf Viva tanzen Mädels in einer Art, dafür hätte sie früher eine wütende Meute mit erhobenen Forken aus dem Dorf gejagt. Und auf der anderen Seite findet immer weniger realer, befriedigender, lustvoller Sex statt. Die Wissenslücken sind gigantisch. Ich bekomme Anfragen, bei denen man denken könnte, Oswald Kolle und Dr. Sommer hätte es nie gegeben. Sex ist zu so einer Art Showkampf geworden, man muss Punkte machen, gewinnen und dabei noch super aussehen. In Pornofilmen werden Stellungen vorgeführt, die rein anatomisch nicht funktionieren. In Sexmagazinen sind die K örper der Frauen so retuschiert, dass die im echten Leben nicht atmen könnten. Es gibt Frauen, die sich die Vagina chirurgisch „verschönern“ lassen, statt sich dafür zu interessieren, wie man am schönsten Lust empfindet, das ist doch krank.

Gern hätten wir Deutschlands erfolgreichste Porno-Autorin auch im Bild vorgestellt und etwas über ihr Leben erzählt. Sie ziehen sich den Hut ins Gesicht und schweigen. Warum?
Sophie Andresky: Das, was zwischen der Leserin und mir passiert, ist sehr intim. ich gebe eine Phantasie preis, und die Leserin spielt sie in ihrem Kopf durch und verändert sie so, bis sie den höchsten Schärfegrad erreicht hat. Da will ich nicht stören mit meiner realen Person. Der eine Leser möchte mich groß und blond – okay, ich bin eine platinblonde Riesin, der nächste hätte mich gerne grünäugig und pummelig, auch gut. Und auch für mich ist diese Anonymität wichtig. Immerhin erzähle ich da eine Menge von dem, was sich so in meinem Kopf abspielt. Ich möchte nicht morgens meine Brötchen kaufen und von der Bäckersfrau in eine Diskussion über Gruppensex oder Gleitcreme verwickelt werden. Wie bei Marei in Vögelfrei sind manchmal Geheimnisse einfach erotischer.

Vögelfrei

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