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Kate Eberlen: Miss you, Diana Verlag

Special zu MISS YOU von Kate Eberlen

Ein Treffen mit Kate Eberlen

Von Alice O’Keefe

Manchmal klingt bereits die Ankündigung eines Buches unwiderstehlich. Ein vielversprechendes Beispiel dafür ist der Liebesroman Miss You, der diesen Sommer im renommierten englischen Mantle Verlag erscheint. Der große Roman wirbt mit der folgenden romantischen Geschichte: Tess und Gus sind füreinander bestimmt. Die beiden sind sich nur noch nie richtig begegnet. Und vielleicht werden sie das auch nie ... Autorin Kate Eberlen erklärt uns im Gespräch, warum Miss You mehr als nur eine Geschichte über verpasste Gelegenheiten ist.

Der Roman begleitet Tess und Gus vom Teenageralter bis in ihre Dreißiger, wie sie unabhängig voneinander die Höhen und Tiefen des Lebens durchlaufen, vom Tod geliebter Menschen über Liebesaffären bis hin zu erfüllten und unerfüllten Karrierewünschen. Dabei kreuzen sich ihre Wege immer wieder, ohne dass es ihnen bewusst ist. Der Roman setzt im August 1997 in Florenz ein, wo Tess mit ihrer Freundin Doll zeltet und sich nach dem Abitur eine Auszeit gönnt, ehe sie im Herbst an die Uni geht. Doch als sie sonnengebräunt und mit dem Kopf voller Ideen und Pläne nach Hause zurückkehrt, erwartet sie ein Schock: Bei ihrer Mutter wurde ein inoperabler Krebs diagnostiziert.

Gus ist zur gleichen Zeit ebenfalls in Florenz. Gus, der gemeinsam mit seinen unterkühlt-distanzierten Eltern, die ein teures »Kulturschätze der Toskana«-Paket gebucht haben, in einem piekfeinen Hotel übernachtet, streift am liebsten allein durch die Stadt. Das emotional angespannte Verhältnis zu seinen Eltern hat einen tragischen Hintergrund: Gus’ älterer Bruder Ross ist vor Kurzem bei einem Skiunfall tödlich verunglückt. In Florenz kommt es zu mehreren kleinen Begegnungen zwischen Tess und Gus, unter anderem als sie ihm ihre Kamera reicht und ihn bittet, ein Foto von ihr zu machen. Gus ist gleich hingerissen von der jungen Frau, traut sich aber nicht, sie anzusprechen.

Zufällige Begegnungen

Als ich die Autorin zu einem Interview beim Mittagessen treffe, erklärt sie mir, dass sie schon immer fasziniert war »von der Vorstellung, dass tagtäglich unzählige Menschen unseren Weg kreuzen.« Darüber denke sie oft nach, besonders im Urlaub. »Wenn man beispielsweise als Tourist in Florenz unterwegs ist, läuft man fast dieselben Wege ab wie die anderen Leute. Das heißt, ein paar Tage lang bewegt man sich auf ähnlichen Pfaden und begegnet sich immer wieder, und am Ende des Tages ist man soweit, dass man einander zulächelt. Und - zumindest bevor es Selfie-Sticks gab – fragt man irgendwann: ›Könnten Sie ein Foto von uns machen?‹ So ist man für einen kleinen Augenblick Teil vom Leben eines Fremden.«

Aus dieser Beobachtung, wie sich unsere Leben »zufällig streifen«, entstand die Idee zum Buch, als Eberlen eines Tages mit dem Zug von ihrem Wohnort an der Südküste Englands nach London fuhr. »Ich kam an den endlosen Kolonnen identisch aussehender Reihenhäuser vorbei, die man sieht, wenn man in die Stadt hineinfährt, und dachte: ›Ob ich wohl schon einmal irgendeinem dieser Menschen unbewusst begegnet bin?‹« Dieser Gedanke faszinierte sie, und sie dachte sich: »Was, wenn zwei Menschen füreinander bestimmt sind, sich aber immer wieder knapp verpassen?« Als ihr auch noch der passende Titel Miss You dazu einfiel, der sowohl die Bedeutung vermissen als auch verpassen in sich birgt, war die Idee für den Roman geboren.

Zunächst verfolgte Eberlen sie nicht weiter, aber sie ließ sie auch nicht mehr los. Mit ihrer Vollzeitstelle als Lehrerin war die Autorin gut ausgelastet, aber in ruhigen Momenten dachte sie darüber nach, wie sich die Geschichte entspinnen könnte. Eines war klar: Sie bräuchte zwei Hauptfiguren, die aus der Ich-Perspektive erzählen, was knifflig ist, wie sie zugibt, denn »normalerweise entsteht eine Dramatik dann, wenn sich zwei Menschen begegnen, nicht, wenn sie sich nicht begegnen.«

Von mir zu dir

Miss You ist geschickt konstruiert. Abwechselnd erzählen Tess und Gus von ihren getrennt voneinander verlaufenden Leben, während wir verfolgen, wie beide sich im Laufe der Jahre immer wieder zufällig begegnen. Als Eberlen mit dem Schreiben begann, folgte sie jedoch keinem festen Plan. »Ich schrieb einfach alles auf, was mir zur jeweiligen Figur einfiel. Dann machte ich eine Pause und überlegte, was die andere Figur derweil erlebte. Wie sich die Wege der beiden immer wieder kreuzten, ergab sich dann ganz natürlich. Die Berührungspunkte waren gar nicht geplant, und manchmal entdeckte ich erst hinterher, dass es welche gab.«

Der Spannungsbogen der Geschichte wird dadurch aufrechterhalten, dass ein und dasselbe Ereignis nie aus beiden Perspektiven geschildert wird. »Ich wollte die Geschichte immer sukzessive erzählen - als Leser soll man ein Gefühl dafür bekommen, wie die Jahre ins Land gehen.« Miss You ist zweifelsohne ein Liebesroman ersten Rangs (eine Szene enthält sogar, nach Eberlens Aussage, eine »winzige Hommage« an David Nicholls Roman Zwei an einem Tag, welcher ganz klar ein Glanzstück dieses Genres ist), aber gleichzeitig ist es auch ein Buch über Trauer. Als Eberlen über ihre Charaktere nachdachte, wurde ihr bewusst, dass es in ihrem Leben noch eine andere Art von ›vermissen‹ gab: Tess und Gus erleben beide den Tod eines geliebten Menschen. Bei Tess ist es vorwiegend die Trauer um ihre Mutter, aber auch um ihre Lebenspläne, als sie merkt, dass sie ihren Studienplatz aufgeben muss, um für ihre kleine Schwester zu sorgen. Gus’ Trauer mischt sich mit Schuldgefühlen: Er war nicht nur an jenem unglückseligen Tag mit seinem Bruder auf dem Berg, als dieser umkam, sondern er hatte auch ein schwieriges Verhältnis zu ihm.

Mantle konnte sich bei der siebenstelligen Auktion die Rechte an Miss You und einem weiteren Buch der Autorin sichern. Die Auslandslizenzen wurden an beeindruckende 23 Länder verkauft, darunter die USA. In Deutschland erscheint der Roman im August 2016 bei Diana.

Die Schule des Lebens

Kate Eberlen träumte schon immer vom Schreiben. Da passte es gut, dass sie sich gerade sowieso beruflich umorientierte und begann, als Lehrerin für Englisch als Fremdsprache zu arbeiten. Damit verbunden entstand der Plan, gemeinsam mit ihrem Mann, ebenfalls Lehrer, einige Zeit in Italien zu leben und zu arbeiten. »Viele denken, der Beruf des Sprachlehrers sei todlangweilig, aber er kann sogar sehr kreativ sein.« Und tatsächlich übte sie ihren neuen Beruf mit viel Freude aus, als ihr plötzlich die Idee zu Miss You kam. »Ich weiß, dass das Füreinander-bestimmt-Sein ein starkes Motiv in Liebesromanen ist. Aber was ich dem Leser vermitteln möchte, ist, dass Tess und Gus eigentlich erst am Ende des Buches füreinander bestimmt sind, und nicht schon von Anfang an. Denn ich glaube, wären die beiden bereits in Florenz zusammengekommen, hätte es keine zwei Wochen gehalten.« Was schade gewesen wäre, denn dann wäre sicher nie eine solch wunderschöne, herzerwärmende Liebesgeschichte dabei herausgekommen.

Artikel aus »The Bookseller«

Miss you

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