Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Special zu Meike Winnemuth »Das große Los«

NICHT LANG SCHNACKEN, KOFFER PACKEN!
Ein Gespräch mit Meike Winnemuth

Eine halbe Million im Fernsehen gewinnen das passiert sonst nur in kitschigen Filmen, oder? Warum haben Sie eigentlich bei „Wer wird Millionär?“ mitgemacht?
Wie jede freiberufliche Journalistin habe ich starke und berechtigte Verarmungsängste. Also habe ich überlegt, wie ich möglichst schnell und möglichst legal zu Geld komme. Banküberfall scheidet aus, es blieb nur die Quizshow ... Aber ernsthaft: Ich wollte mir den Luxus gönnen, hin und wieder einen langweiligen Auftrag ablehnen zu können und lieber etwas anzunehmen, das schlecht bezahlt, aber spannend ist. Und das muss man sich leisten können.

Sind Sie eine Spielernatur?
Vermutlich. Ich probiere gern Dinge aus, ich experimentiere viel. Ich behaupte immer, aus beruflichen Gründen, aber in Wirklichkeit ist es reine Neugier. Schaffe ich es, mich in drei Monaten zum New York-Marathon zu trainieren? Wie fühlt es sich an, vom Hartz IV-Satz zu leben? Im Jahr vor der Reise habe ich 365 Tage lang das gleiche blaue Kleid getragen, um herauszufinden, wie wenig man zum Leben braucht. Ich hatte mal gelesen, dass man nur zehn Prozent seiner Kleidung wirklich trägt, der Rest hängt nur da. Stimmte total in meinem Fall, deshalb habe ich das gemacht. In dem blauen Kleid saß ich dann auch vor Jauch.

Aus reiner Neugier: Landet das Geld einfach so auf dem Konto?
Ja, einfach so, eine Woche später. Mein Bankberater rief ganz aufgeregt an: Frau Winnemuth, Sie haben da einen ungewöhnlich hohen Eingang ... Ich hatte einen hysterischen Lachanfall, als ich den Kontoauszug sah.

Warum und wie haben Sie die 12 Städte ausgewählt?
Ich dachte: Einen Monat für eine Stadt ist genau die richtige Länge. Man lernt die Stadt gut kennen, man lebt sich ein, und falls es grässlich ist, ist ein Monat nicht zu lang. Auf meinem Zettel standen fast nur Städte, in denen ich noch nie war, die ich aber immer schon sehen wollte. Sydney und London kannte ich von kurzen Besuchen und wollte sie mal testfahren als mögliche Rentenstädte.

If you have trouble, travel, sagt man. Wie war’s bei Ihnen?
Kein trouble. Aber immer schon eine große Lust an travel. Und dies war die ideale Gelegenheit. Freiberuflich, gerade keine feste Beziehung, noch fit genug ... Es war die klassische Jetzt- oder-nie-Situation.

Welche Erwartungen hatten Sie an die Reise? Warum wollten Sie „ein Jahr raus aus Deutschland“?
Wenn man Bergsteiger fragt, warum sie auf Berge steigen, sagen sie: um oben gewesen zu sein. Bei mir ist es ähnlich – das reine Lustprinzip. Raus aus Deutschland wollte ich nicht, weil ich Deutschland so schlimm finde, sondern weil ich neugierig war, wie es woanders ist und was das Woanders mit mir macht.

Drehen wir mal an der Uhr: 12 Monate und 12 Städte später. Januar 2012. War es eine andere Meike Winnemuth, die mit einem Containerschiff aus Havanna im Hamburger Hafen einlief?
Es ist die gleiche, aber nicht mehr dieselbe. Wer durch so eine Reise nicht verändert wird, müsste mit einem nassen Lappen verhauen werden. Bei mir hat die Erfahrung ein paar Dinge scharf gestellt, die über die Jahre mehr und mehr verschwommen waren. Was will ich, was ist mir wichtig im Leben? Dazu kam natürlich der Rausch der Freiheit. Wir sind so gewöhnt daran, zu funktionieren, uns in einem relativ engen Korridor der Möglichkeiten zu bewegen, dass es erst mal schwindelerregend ist, wenn man alles darf, was man will. Das muss man erst mal lernen.

Sie schreiben, als Sie nach sechs Monaten unterwegs mal einen Kassensturz machten, war es wie ein Schock. So viel ausgegeben?
Im Gegenteil: so wenig. Ich habe ja weiter gearbeitet, habe also verdient und viel weniger ausgegeben, als ich gedacht hatte. Ich war schockiert, als ich feststellte: Das Geld vom Jauch hätte ich nie gebraucht. Ich hätte die Reise jederzeit machen können, ich hatte es stets selbst in der Hand. Eine großartige Lehre: Es geht immer mehr, als man denkt, man muss sich nur trauen. Seitdem lautet mein Motto: Nicht lang schnacken, Koffer packen!

Wie erklären Sie den 200 000 Followern Ihres Blogs, die sehnsüchtig auf ein Buch warten, warum das so lange gedauert hat? Und wie würden Sie Ihr Buch beschreiben?
Es hat so lange gedauert, weil ein wichtiger Teil des Reisens die Rückkehr ist. Und die dauert, wie gesagt, noch an. Das Buch besteht aus 12 Briefen aus 12 Städten an 12 wichtige Menschen in meinem Leben. An meine erste Liebe, meine beste Freundin, meinen "Wer wird Millionär?"-Joker, aber auch an Leute, die ich unterwegs kennengelernt habe. Ich habe diese Form gewählt, weil sie mir die persönlichste schien, sowohl subjektiv wie auch reflektiert ist. Einen Blogeintrag schreibt man schnell und relativ unbekümmert, der wird spontan rausgehauen. Das Buch geht eine Ebene tiefer. Es erzählt die Geschichte hinter der Geschichte. Meine Freunde haben nach meiner Rückkehr immer gefragt: Wie war’s? Und ich sage: Ihr habt doch das Blog gelesen.
Und dann sagten sie: Ja, aber wie war’s wirklich?
Dafür gibt es jetzt das Buch.