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Tom Franz Sehnsucht Israel

Tom Franz: Sehnsucht Israel

Auszug aus Tom Franz: Sehnsucht Israel. (Prolog)

Mein Leben zwischen Kippa, Küche und Koriander

[..] Und jetzt stehe ich im Finale vom MasterChef. Meine Konkurrentin ist Salma Fajumi, Palästinenserin und eine gläubige Muslimin, die auch beim Kochen ihr geschlossenes Kopftuch nicht ablegt. Sie will als ersten Hauptgang das traditionelle arabische Reisgericht Maklube machen. Ich improvisiere und rolle kleine Rouladen zusammen, eine Reminiszenz an meine alte Heimat Deutschland. Danach soll ein Steak mit Auberginencreme und Paprikapüree folgen, zum Abschluss Quarkbällchen.
Ich sehe zu Salma hinüber, konzentriert arbeitet sie an ihrer Station. Sie bemerkt meinen Blick, lächelt mir zu. Wir sind Gegner, aber während der vergangenen Monate haben wir uns auch gegenseitig geholfen und schätzen gelernt. Wenn sie, viel kleiner als ich, ein gewünschtes Lebensmittel nicht aus einem hohen Regal unseres »Supermarkts« herunterholen oder den Deckel eine Glases nicht öffnen konnte. Wir beide sind uns einig, dass niemand verlieren sollte, jedenfalls nicht aus Gründen, die nichts mit dem Kochen selbst zu tun haben.

[...] Und nun geht das Kochen seinem Ende zu. Ich müsste eigentlich aufgeregt sein, ich war es bisher auch, hatte mich sogar bis gestern darauf eingestellt, dass ich nicht siegen würde. Ich hatte immer gedacht, dass Jackie gewinnen würde, habe sogar gebetet, dass sie das Finale für sich entscheidet. Sie hat zwölf Geschwister und ihren Vater verloren, als gerade das Jüngste geboren war. Wenn ihre Mutter mal wieder zum Kinderkriegen ins Krankenhaus ging, musste sie für ihre Geschwister kochen. Doch parallel hatte in Deutschland ein medialer Tsunami eingesetzt. Das Wort »Tsunami« sollte man nicht fahrlässig gebrauchen, aber es fühlte sich so an. Philip Kuhn schrieb einen Artikel in der Welt über mich, alle anderen Zeitungen folgten, von der FAZ bis zur Süddeutschen Zeitung. Auf einmal hieß es in beiden Ländern, Deutschland und Israel, ich sei ein »Brückenbauer« zwischen zwei Welten, ein »kulinarischer Botschafter«.

Aber im Augenblick bin ich völlig ruhig. Früh am Morgen, kaum hatte die Dämmerung eingesetzt, war ich an den Strand gegangen, um meinen Kopf für diesen großen Tag freizubekommen. Dieser Medienhype, der um mich losgegangen war, noch längst hatte ich mich nicht daran gewöhnt. Ich stand am Ufer und sah zum Himmel hinauf. Eine Sternschnuppe fiel genau vor mir vom Himmel. Ich war Hunderte Male vor Tagesanbruch am Meer gewesen, aber das war erst die zweite Sternschnuppe, die ich in Tel Aviv sah. Die letzte vor fünf Monaten, ich erinnerte mich genau. So schnell wie die Sternschnuppe vom Himmel fiel, fiel alle Spannung der Ungewissheit von mir ab. Ich wusste auf einmal, dass ich das Finale gewinnen würde. Ich fühlte es so sicher, so wie ich vorher sicher gewesen war, dass Jackie gewinnen würde. MasterChef von Israel. Wenn er will, benutzt Gott sogar Sternschnuppen, um uns etwas mitzuteilen, dachte ich grinsend.

Als ich vom Strand nach Hause kam, zeigte mir meine Frau Dana einen Post auf Facebook. Eine Journalistin namens Karen hatte ihn geschrieben. Ich hatte sie kennengelernt, als ich in einem Krankenhaus in Tel Aviv Zivildienst machte, sie war damals in der Armee gewesen und betreute einige Freiwillige, die ebenfalls in der Klinik arbeiteten. Sie schrieb: »Wenn jemand es verdient, diesen Wettbewerb zu gewinnen, dann dieser Tom, der anderthalb Jahre seines Lebens für die Arbeit in einem israelischen Krankenhaus hergegeben hat, in dem ich es kaum wenige Stunden aushalten konnte.« Ich hatte weinen müssen, als ich den Post las. Der Post war unzählige Mal auf Facebook geteilt worden, selbst vom Leiter des Senders. Salma und ich sind fertig. Die Juroren haben das letzte Wort. Aber ich weiß, wie es ausfallen wird. Ich muss mich nur selbst gut schauspielern. Meine Freude. Meine Überraschung.