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Tore Renberg: »Wir sehen uns morgen« (Heyne Encore)

1. Wie sind Sie aufgewachsen?
Ich wurde 1972 in einem Vorort von Stavanger geboren. Stavanger liegt an der Westküste und ist die viertgrößte Stadt Norwegens, außerdem ein wichtiges Ölforderungszentrum, was zu Reichtum und Wachstum führte. Damit hatte es jedoch letztes Jahr ein Ende, als der Ölpreis fiel. Mein Bruder ist zehn Jahre älter als ich – in gewisser Weise war ich also ein Einzelkind. Meine Eltern führten eine schwierige Ehe – mein Vater trank zu viel, neigte zu Wutausbrüchen und litt wahrscheinlich auch unter Depressionen. Kein Wunder, dass zu Hause ständig jemand herumbrüllte. Glücklicherweise wurde ich von beiden Elternteilen geliebt, obwohl mir zuerst das Wort „Angst“ einfällt, wenn ich an meine Kindheit denke.

2. Gibt es eine Person, die Ihr Leben entscheidend geprägt hat?
Davon gibt es viele. Ich will nur zwei nennen: Zum einen meine Mutter, da ich das große Glück hatte, mit ihrer bedingungslosen Liebe aufzuwachsen. Sie ist weise, warmherzig und war immer für uns da. Zum zweiten Karl Ove Knausgård, den ich mit 19 kennenlernte. Wir arbeiteten beide beim Studentenradio in Bergen und wollten Schriftsteller werden. Bald wurden wir dicke Freunde, lasen dieselben Bücher, hörten dieselbe Musik und gaben uns gegenseitig unsere Texte zu lesen. Ein toller Mensch und ein großartiger Freund.

3. Welcher Ort auf der Welt fasziniert Sie am meisten?

Wahrscheinlich Island. Dort ist alles ein bisschen merkwürdig. So wenige Menschen, so viel Talent, unberührte Natur und eine einzigartige Kultur.

4. Wovor haben Sie Angst?
Vor religiösem Extremismus.

5. Was macht Sie glücklich?

Meine Kinder, meine Frau und Musik.

6. Können Sie sich einen Tag ohne Musik vorstellen?
Nein, unmöglich. Wenn ich nie wieder eine Note hören könnte, wäre ich am Boden zerstört. Ich brauche Musik. Beethovens Symphonien, Keith Richards‘ Gitarre, Nick Caves barocke Lyrik und die erhabene Geige und wunderschöne Stimme von Alison Krauss.

7. Welche Träume hatten Sie als Kind?

Als Kind hatte ich meistens Alpträume, die sich allerdings in Ehrgeiz verwandelten, als ich älter wurde.

8. Wenn Sie nur noch $10,- übrig hätten, wofür würden Sie sie ausgeben?
Ich würde sie der ersten bedürftigen Person geben, die mir begegnet.

9. Gibt es Himmel und Hölle?

Im Alltag schon. In Bezug auf die Religion würde ich sagen: Nein. Ich glaube nicht an solche Dinge und auch nicht an ein Jenseits. Stattdessen sind wir gnadenlos, erbarmungslos dem Hier und Jetzt ausgeliefert. Unsere Aufgabe ist es, das Beste aus dem zu machen, was wir haben. Wir sind Menschen, wir besitzen die Kraft der Liebe.

10. Was ist wichtig im Leben?
Nur eins: Ein guter Mensch zu sein.

11. Welche noch lebenden Schriftsteller würden Sie zum Abendessen einladen?
Mit folgenden Personen würde ich mich gerne an einen Tisch setzen: Cormac McCarthy, Sofi Oksanen, Nick Cave und Sjón.

12. Wie würden Sie einem Freund in einer Kneipe Ihr Buch in zwei einfachen Sätzen beschreiben?
„Wir sehen uns morgen“ ist ein wildes Liebesdrama mit einem bunten Haufen von Verlierern, die 2012 ein paar turbulente Tage durchmachen. Es ist eine Mischung aus mehreren Genres: Drama, Komödie, Krimi, Tragödie, Romanze – und all das mit einer gehörigen Portion Verzweiflung.

13. Wie sind Sie auf die Idee für das Buch gekommen? Haben Sie viel recherchiert?
Am Anfang stellte ich mir ein junges Mädchen vor, noch ungeküsst, sehr naiv und hoffnungslos in den Halbstarken aus der Nachbarschaft verschossen. Ein einfaches, dynamisches und vertrautes Szenario. Natürlich reicht das nicht für 600 Seiten, und so wurde es zunächst mal eine Kurzgeschichte von 10 Seiten, die ich aus der Perspektive des Mädchens schrieb. Dann wusste ich nicht weiter. Doch die Figur blieb wohl in meinem Gedächtnis haften, denn ein Jahr später wachte ich eines Morgens auf und dachte: Moment mal! Wie wäre es, wenn ich die Geschichte aus seiner Perspektive weiterschreibe? Was, wenn das junge Liebespaar etwas sieht, was es nicht sehen sollte – ein Verbrechen? Und wie wäre es dann mit der Perspektive des Kriminellen … und so weiter. Plötzlich war der Roman in vollem Lauf, und ich hatte alle Mühe, schrittzuhalten. Dieses Buch zu schreiben war eine sehr befriedigende und anstrengende Erfahrung – ein Kollektivroman, eine Symphonie der Stimmen und Leben. Und ja, ich musste EINE MENGE über alle möglichen Lebensstile recherchieren, weil mir viele Dinge darin völlig unbekannt waren.

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