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»Under Ground« von S. L. Grey – Heyne

Unsere Angst ist überall

Sarah Lotz berichtet, wie der Thriller »Under Ground« entstanden ist

S. L. Grey: Das ist das Autoren-Pseudonym, unter dem Louis Greenberg und ich, Sarah Lotz, uns so richtig austoben können. Wenn wir für unsere S. L. Grey-Romane recherchieren, legen Louis und ich gerne Sonderschichten ein. Für unseren nächsten Roman The Apartment etwa haben wir die Schattenseiten von Paris erkundet – eine interessante Aufgabe. Als wir hingegen für Under Ground recherchiert haben, mussten wir nirgendwo anders hingehen – erschreckenderweise.

Wir hatten gerade erste Ideen und Charaktere für Under Gound ausgearbeitet, als mein Ehemann Charlie und ich um halb drei Uhr nachts von vier maskierten Männern, die mit Messern bewaffnet an unserem Bett standen, unsanft geweckt wurden.

Charlie war nach einem schweren Motorradunfall gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen worden und konnte nur tatenlos zuhören, wie meine Tochter Savannah und ich durch unser kleines Landhaus gezerrt wurden und die Wertgegenstände, die wir besaßen, auf Befehl hin zusammensuchen mussten. Ich werde nicht ins Detail gehen, was diese Nacht betrifft, außer dass wir ruhig blieben und physisch unbeschadet, wenn auch traumatisiert. Falls Sie auch nur das Geringste über die Kriminalitätsrate in Südafrika wissen – das Erbe von Jahrzehnten der Unterdrückung und Korruption –, werden Sie auch wissen, dass Einbrüche hier keine Seltenheit sind.

Die Polizei hatte keine große Hoffnung, die Täter zu schnappen. Wohl aber teilte man uns mit, dass die Verbrecher mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückkommen würden.

Wir verstärkten unsere Sicherheitsvorkehrungen, aber da unser Haus sehr abgeschieden liegt, gab es nicht viel mehr, was wir hätten tun können; außer vielleicht, es mit einem Käfig zu umgeben oder einen Burggraben auszuheben.

Freunde rieten uns, für eine Weile auszuziehen, aber ich weigerte mich stur, mich aus meinem Zuhause vertreiben zu lassen. Wir saßen nächtelang wach, horchten nach ungewöhnlichen Geräuschen, umklammerten Alarmknöpfe und provisorische Waffen. Trotz dieses paranoiden Verhaltens glaubte ich nicht wirklich, dass die Gang zurückkommen würde. Ich lag falsch. Ein paar durchwachte Nächte später ging der Alarm los und wir sahen draußen in der tiefen Dunkelheit gebückte Gestalten in den Büschen an der Seite des Hauses lauern. Dieses Mal schafften sie es nicht, hereinzukommen.

Ein paar Nächte darauf kamen sie wieder. Sie kamen wieder nicht rein, aber wir konnten so nicht mehr lange weitermachen. Wegen des Schlafentzugs konnte ich nicht schreiben, ich hatte Deadlines zu erfüllen und enttäuschte eine Menge Leute. Charlie bearbeitete gerade ein paar rechtliche Angelegenheiten für eine Security-Firma, und als er ihnen von unserer Notlage erzählte, boten sie an, uns »einen ihrer Kerle« auszuleihen, der nachts bei uns auf Patrouille gehen würde.

Wir sagten zu. Am nächsten Tag kam »der Kerl« (der Jonathan hieß) vorbei. Er zeigte uns sein hochmodernes Waffenarsenal.

Dank Jonathan und ein paar starken Angsthemmern stürzte ich mich wieder in die Arbeit. Under Ground spielt im Sanctum, einem Luxus-Bunker; ironischerweise genau die Art von Ort, an dem ich mich nach dem Einbruch gerne verschanzt hätte. Plötzlich wurde mir klar, dass es keinen Ort auf der Welt gibt, an dem du wirklich sicher bist.

In Under Ground geht es um eine ungleiche Gruppe Paranoider, die fliehen, als sich ein tödliches Grippe-Virus in Amerika ausbreitet. Sie alle haben ihr Geld ins Sanctum investiert. Also begeben sie sich in die scheinbare Sicherheit hinter der wolframverstärkten Einstiegsluke und den luftdicht versiegelten Wänden, nur um zu erkennen, dass die Gefahr im Inneren des Bunkers viel schlimmer ist als das Virus draußen. Schon bald nämlich sind sie eingeschlossen – mit einem Killer und mit ihren eigenen Ängsten.

Louis und ich beendeten den Roman und mein Trauma verschwand langsam. Zurückblickend war das Ganze eine ziemlich seltsame, aber letztlich auch eine glückliche Erfahrung. Aus meinen Ängsten wurde Under Ground geboren. Wie eine unserer Figuren sagen würde: Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Handgranaten daraus.

Sarah Lotz