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Willibert Pauels: Lachen, leiden, Lust am Leben

Willibert Pauels: Lachen, Leiden Lust am Leben

Was ist Leben?

Wenn ich heutzutage mit der Position konfrontiert werde »Jaaaaa, früher brauchten die Menschen den Glauben, um sich die Welt zu erklären, heute aber liefert die Wissenschaft die Erklärungen, und wer trotzdem an Gott glaubt, ist geistesgestört«, dann bitte ich mein Gegenüber gerne: »Dann erkläre mir doch mal bitte wissenschaftlich, was Leben ist.«

Die häufigste Antwort, die ich dann zu hören bekomme, ist eine reduktionistische, nämlich: Leben ist letztlich eine biochemische Reaktion in Zellen. So lange diese biochemische Reaktion erfolgt – sei es bei einem Farn, bei einem Rhesusäffchen oder dem sogenannten Homo Sapiens –, ist Leben da. Sobald sie endet, ist kein Leben mehr da. Und auch das, was wir im Bereich der geistigen Welt, der Gefühle, der nicht materiellen Lebensräume empfinden, ist diesem Denkansatz nach im Grunde nichts anderes als eine – mit meinen Worten – biochemische, elektromagnetische, neuronenbefeuerte Reaktion im Gehirn.

Wer mir so daherkommt, dem stelle ich dann folgende Frage – auch, wenn sie gemein ist, weil sie voll ins emotionale Zentrum meines Gegenübers zielt: Kannst du deinem Kind in die Augen schauen und dabei wirklich konsequent der Perspektive folgen, die du mir gerade gesagt hast? Wenn ja, musst du es ertragen können zu denken oder sogar zu sagen: Kind, letztendlich bist du nichts anderes als eine Zellformation, noch drastischer: ein Zellhaufen, der biochemisch reagiert. Und auch, wenn ich meine, dich lieb zu haben, ist das letztlich nichts anderes als ein biochemischer Prozess im limbischen System meines Gehirns. Und wenn du stirbst, Kind, weil aus welchen Gründen auch immer die biochemische Reaktion in dir aufgehört hat, gehst du in die Verrottung auf den kosmischen Abfallhaufen des Nichts. Es gibt kein Woher. Es gibt kein Wohin.



Wer davon überzeugt ist: bitteschön! Aber er soll mir nicht weismachen, dass diese Perspektive ihn heiter und gelassen leben lässt.
Wer das behauptet, ist in meinen Augen nicht weniger zynisch als Albert Camus, wenn der sagt: »Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen «. Ich bitte Sie! Sisyphos! Jene Gestalt der griechischen Mythologie, die dazu verdonnert wurde, einen Stein auf einen Berg hinaufzurollen, obwohl der Stein kurz vor dem Gipfel immer wieder herabrollte. Homer berichtet in seiner Odyssee: »Und weiter sah ich den Sisyphos in gewaltigen Schmerzen: wie er mit beiden Armen einen Felsblock, einen ungeheuren, fortschaffen wollte. Ja, und mit Händen und Füßen stemmend, stieß er den Block hinauf auf einen Hügel. Doch wenn er ihn über die Kuppe werfen wollte, so drehte ihn das Übergewicht zurück: von Neuem rollte dann der Block, der schamlose, ins Feld hinunter. Er aber stieß ihn immer wieder zurück, sich anspannend, und es rann der Schweiß ihm von den Gliedern, und der Staub erhob sich über sein Haupt hinaus.«

Klingt das erstrebenswert? Toll? In irgendeiner Weise positiv? Also ich finde die implizierte Sinnlosigkeit dieses Tuns einfach entsetzlich! Sie ist grausam und unerträglich! Und genau das wäre es auch, wenn der Mensch nicht mehr wäre als ein biochemisch reagierender Zellhaufen. Das allein ist natürlich noch kein Argument gegen diese Auffassung, so nach dem Motto: »Es kann nicht sein, was nicht sein darf.« Aber dazu später mehr. Jedenfalls kann ich kaum glauben, dass es einen Menschen gibt, der eine solche Definition von Leben nicht als zutiefst trostlos empfindet!

Damit will ich nicht sagen, ein Atheist könne nicht glücklich sein – »Gottlos glücklich« heißt ja zum Beispiel ein Buch des Pressereferenten der Giordano-Bruno-Stiftung. Das wäre wirklich anmaßend! Was ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen kann, ist, dass ihn die Frage nach dem Woher und Wohin nicht umtreibt. Es sei denn vielleicht, wir reden hier von einem Menschen, der sich diese Fragen gar nicht stellt, frei nach dem Motto »no brain, no pain«, also: Wer nicht nachdenkt, hat auch keine Probleme.