Schild

Jeden Abend Abenteuer

»Wisst ihr noch, als sich im Wahrlichwald etwas wirklich Wundersames ereignete?«, fragen sich die Tiere der kleinen Waldsiedlung immer und immer wieder. Und immer und immer wieder lautet die Antwort: »Natürlich, wie könnten wir das nur vergessen?«

Aber was war denn das wirklich Wundersame, das damals geschah?

Was war es, an das die Tiere noch viele Jahre später denken und vermutlich immer denken werden?

Minna Bild Bollerwagen

Minna Melone

Minna ist eine Wanderratte und neben Reisen ist ihre größte Leidenschaft, Geschichten zu erzählen. Sie lässt sich vom Licht des Mondes den Weg zu neuen Orten weisen und als sie eines Tages in den Wahrlichwald kommt, um dort von ihren unglaublichen Abenteuern zu erzählen, wirbelt sie das Leben der Tiere ganz schön durcheinander!

Zara ganz

Zara

Zara ist ein Eichhörnchen aus dem Wahrlichwald und die Ankunft der mysteriösien Wanderratte weckt ihre Neugier. Sie ist begeistert von Minnas Geschichten, doch die anderen Mitbewohner sind nur schwer davon zu überzeugen, dass die Wanderratte nichts Böses im Schilde führt …

Borke Bild

Tiere des Wahrlichwaldes

Die Bewohner der kleinen Siedlung im Wahrlichwald erledigen nach täglicher Gewohnheit ihre Arbeit:
Sie sammeln Futter, gießen die Blumen, fegen die Wohnungen, reparieren die Gartenzäune oder waschen die Wäsche. So ist ihr Leben und so ist es gut. Daher reagieren sie sehr misstrauisch gegenüber dem seltsamen Neuankömmling in ihrem Wald …

Hier ist die Leseprobe:

Der Papageienkönig

Der Igel Kulle war so begeistert von Minnas Auftritt gewesen, dass er am nächsten Tag jedem davon erzählte, der ihm über den Weg lief. Es war nicht unbedingt die Geschichte der unsichtbaren Piraten gewesen, die ihn in den Bann gezogen hatte. Nein, besonders der goldene Säbel, der Minna plötzlich von der Bühne verschwinden ließ, hatte ihn tief beeindruckt. So etwas hatte er noch nie gesehen! Und das erzählte er nun der Rehmutter Malu, Turre dem Specht und auch dem Hasenmädchen Feja. Und obwohl sich alle noch wenige Tage zuvor nichts aus den Berichten über die Wanderratte gemacht hatten, wurden sie nun hellhörig. Denn wenn Kulle von etwas begeistert war – was nicht sehr oft vorkam –, wurde man von seiner Freude augenblicklich angesteckt.
Am Abend saßen daher deutlich mehr Zuschauer in den Sitzreihen vor Minnas Theaterbühne. Neben Zara, Borke und Kulle waren nun auch Malu mitsamt ihrer drei Kitze sowie Turre und Feja an den Waldrand gekommen. Sie alle waren erstaunt, was die Wanderratte hier aufgebaut hatte. Die bunten Girlanden tauchten die Bühne in ein besonderes Licht und der Platz unter der alten knorrigen Eiche sah wunderschön aus. Zara freute sich besonders, dass sich Minnas Auftritte herumgesprochen hatten. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ sie ihren Blick durch die Sitzreihen schweifen und hielt ihren roten Stofffetzen fest in der Pfote.
Der Holzkasten neben der Bühne spielte eine sanfte Melodie. An diesem Abend klang sie ein wenig wie das Zirpen der Grillen, gemischt mit dem Rauschen eines Baches. Malus Kitze reckten neugierig ihre Köpfe in Richtung des Kastens und Fejas Füße klopften im Takt auf den staubigen Boden. Auch Turre nickte mit dem Kopf, passend zum Rhythmus. Die Melodie gefiel ihm.

Als sich kurz darauf der rote Vorhang öffnete und Minna mit dem goldenen Säbel von Rattlantis in der Hand auf der Bühne erschien, nahm Malu schützend ihre Kitze in die Arme. »Hochverehrtes Publikum, ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind!«, rief Minna, und dieses Mal hatte sie damit sogar recht. Zara musste sofort an den ersten Abend denken, als sie noch alleine vor der Bühne gesessen hatte. Außer dem Säbel hatte Minna noch einen Sack voller Goldmünzen mit auf die Bühne gebracht. Sie trug ein grünes, schimmerndes Kleid und einen Schal aus blauen, roten und grünen Federn.
»San Juan – die Hauptstadt des Inselstaats Puerto Rico! Dort nahm ich Abschied von Barbara Rossa«, fing Minna mit ihrer kräftigen Stimme an zu erzählen. »Ein Paradies, so schön, wie man es sich kaum vorstellen kann. Doch ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dieses herrliche Fleckchen Erde von einem üblen Herrscher regiert wurde: Felipe – dem Papageienkönig!
Schwer bepackt mit Säbel und Gold sah ich mich im Ort um. Die Einwohner der kleinen Hafenstadt hatten zwar schon vieles gesehen – immerhin legten hier jeden Tag Schiffe aus den entferntesten Ländern an – eine Wanderratte mit einem Sack voller Gold war jedoch selbst für sie ein ungewohnter Anblick. Und natürlich dauerte es nicht lange, bis ich auch dem räuberischen Gesindel, das es in solchen Städten zuhauf gab, auffiel. Gold zog Schurken eben magisch an. Mein Gepäck war so schwer, dass ich nach kurzer Zeit eine Verschnaufpause brauchte. Ich hockte mich auf eine kleine Mauer, von der aus man einen perfekten Blick aufs Meer hatte. Plötzlich traten drei Gestalten wie aus dem Nichts zu mir. Es waren Mungos, die mich mit schielenden Augen ansahen.
Ihr Fell war fettig und ihre dreckigen Klamotten hatten schon bessere Tage erlebt. In den Händen hielten sie krumme Knüppel und sie blickten nervös zwischen mir, dem Säbel und dem Sack voll Gold hin und her. Mir war sofort klar, dass sie sich vor allem für die Münzen interessierten. Sie fackelten auch nicht lange, und einer der Mungos krächzte, dass ich ihnen den Sack voll Gold geben solle, wenn mir mein Leben lieb sei! Mir war mein Leben lieb, aber Barbaras Gold wollte ich ihnen natürlich nicht einfach so überlassen.
Da ich mich auf einen Kampf gegen drei Mungos nicht einlassen wollte, nutzte ich die Fähigkeiten meines Säbels. Ich hielt ihn nach oben und drehte mich wie ein Kreisel – so wie am Tag zuvor bei den unsichtbaren Piraten. Der Trick funktionierte auch dieses Mal, und die Mungos wussten nicht, wie ihnen geschah. Ich war in silbernem Rauch aus ihren Augen verschwunden und der Sack voll Gold erhob sich nun wie von Geisterhand in die Luft. Mit so etwas hatten die drei Kerle nicht gerechnet! Sie schrien erschrocken auf und stolperten davon.

Mir wurde dabei jedoch klar, dass es keine gute Idee war, mit einem Sack voll Gold beladen durch die Gegend zu laufen. Nachdem die drei Schurken verschwunden waren, machte ich mich wieder sichtbar und suchte nach einem geeigneten Versteck für die Münzen. Nach einiger Zeit erreichte ich den Fuß eines riesigen Felsens, auf dem hoch oben eine beeindruckende Festung thronte.
Ich hoffte, vielleicht eine kleine Höhle zu entdecken, in der ich das Gold sicher lagern konnte. Schließlich sah ich einen schmalen Spalt im Fels, durch den ich gerade so hindurchgepasst hätte, doch im selben Moment packten mich kräftige Krallen an den Schultern. Ich wurde mit Sack und Säbel in die Luft gezogen!
Zwei Papageien hatten mich ergriffen und alles Zappeln und Zurren half nichts. Das Ziel meiner unfreiwilligen Reise war mir schnell klar. Die beiden Flatterviecher brachten mich zur Festung auf dem Felsen. Wir flogen über hohe Mauern, vorbei an großen Türmen und durch gewaltige Tore in einen prunkvollen Saal. Überall wimmelte es von bunten Papageien.
Meine Landung war schließlich genauso unsanft wie mein Abflug. Die beiden Vögel ließen mich aus vollem Flug fallen und ich rutschte mit meinem Gepäck über einen spiegelglatt gewienerten Boden und kam am Fuße eines Throns zum Stehen. Auf dem saß niemand Geringeres als Felipe, der Papageienkönig! Sein grünes Gefieder schimmerte im Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel, seine Flügelspitzen waren blau wie der Ozean, und über dem Schnabel glühte ein leuchtendes Rot, wie die untergehende Sonne.
Dass er der König war, verriet eine goldene Krone, die er auf dem Kopf trug, und das Zepter in der linken Kralle. Ich richtete mich mühsam auf und strich meine Kleidung glatt. Er musterte mich von oben bis unten und sein Blick blieb schließlich an dem Sack mit dem Gold haften. Seine beiden Gehilfen, die mich zu ihm gebracht hatten, berichteten ihm, dass ich am Fuße der Festung herumgeschnüffelt hätte. Mit krächzender Stimme fragte Felipe, was ich in seinem Land zu suchen hätte.
Ich überlegte kurz, ob ich meinen Säbeltrick anwenden sollte, ließ es aber bleiben. Ob sichtbar oder unsichtbar – aus dieser Festung würde ich nicht ohne Weiteres fliehen können. Denn wenn ich es vorhin bei meinem kurzen Flug richtig gesehen hatte, führte kein Weg hoch zu diesem Ort.
Wieso auch? Wer hier wohnte, thronte und arbeitete, konnte ja schließlich fliegen.
Ich erzählte dem Papageienkönig daher einfach die Wahrheit, doch leider glaubte er mir nicht. Stattdessen befahl er seinen Wachen, die in jeder Ecke des Saals mit grimmigen Schnäbeln standen, mich zu packen und in den Kerker zu werfen. Das gefiel mir natürlich gar nicht, doch ich hatte keine Idee, wie ich aus dieser misslichen Lage entkommen sollte. Wieder war es der Säbel von Rattlantis, der mir mit seinen unglaublichen Fähigkeiten half. Bei dem Versuch, mich zu ergreifen, verlor einer der Wachpapageien eine grüne Feder.
Aus einem Reflex heraus schnappte ich sie und strich mit ihr über die Klinge des Säbels. Wieder durchfuhr mich ein kalter Luftzug und silberglitzernder Rauch wirbelte auf. Und ob ihr es glaubt oder nicht, hatte ich mich in Sekundenschnelle selbst in einen Papagei verwandelt!
Ich brauchte einen Moment, um es zu begreifen, doch Felipe und seine Wachen sahen es natürlich sofort. Der Schrecken zog ihnen ins Gefieder. Mit wem hatten sie es hier zu tun? Welches Tier hatte schon die Macht, mir nichts, dir nichts die Gestalt zu ändern? Ich nutzte den Moment der Verwirrung und begann mit den Flügeln zu schlagen. Mit dem Goldsack und dem Säbel in den Krallen schwang ich mich empor und nahm den gleichen Weg zurück, den ich mit meinen beiden Begleitern gekommen war. Schon kurz darauf war ich in Freiheit.
Mit kräftigen Flügelschlägen flog ich höher und höher. Eine Weile hörte ich hinter mir noch das Gekrächze und Gekrähe von Felipes Wachen, doch sie hatten keine Chance. Mein Vorsprung war einfach zu groß. Ich ließ die Festung und schließlich auch Puerto Rico mitsamt San Juan hinter mir. Kurz darauf glitzerte unter mir nur noch der weite Ozean im Sonnenlicht.
Ein kräftiger Rückenwind trieb mich nun nach Norden. Und dort wartete bereits das nächste Abenteuer!«

Minna stand mit ausgebreiteten Armen an der Bühnenkante. Sie sah dadurch tatsächlich ein bisschen aus wie ein Papagei. Zudem wehte nun plötzlich ein kräftiger Wind über die Lichtung und ließ ihren Federschal flattern. Zara war wieder die Erste, die begeistert klatschte. Sie sah sich erwartungsvoll im Publikum um. Borke und Kulle fingen ebenfalls an zu applaudieren. Die anderen Tiere jedoch starrten ungläubig zu Minna auf die Bühne.
Sie wussten scheinbar nicht recht, ob sie begeistert waren oder ob sie die Wanderratte für verrückt halten sollten. Doch als der rote Vorhang zugezogen wurde und der Wind zu wehen aufhörte, fing das Hasenmädchen Feja plötzlich wild an zu jubeln. Malu, ihre drei Kitze und der Specht Turre taten es ihr gleich. Ihre Begeisterung hatte schließlich über ihre Unsicherheit gesiegt. Und Zara würde jede Wette eingehen, dass sie alle morgen Abend wieder Minnas Geschichten lauschen würden.

Sven Gerhardt, illustriert von Mareike Ammersken

»Minna Melone - Wundersame Geschichten aus dem Wahrlichwald«

Ein Kinderbuch mit fantastische Vorlesegeschichten für Kinder ab 6 Jahren!

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Sven Gerhardt, gelesen von Gerhard Fehn

»Minna Melone - Wundersame Geschichten aus dem Wahrlichwald«

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Trailer zu »Minna Melone - Wundersame Geschichten aus dem Wahrlichwald«