Kerstin Held, geboren 1975, wuchs in Dortmund mit ihrer zwei Jahre jüngeren schwerbehinderten Schwester auf. Die Selbstverständlichkeit von Behinderung und Pflegebedürftigkeit in ihrem Leben ebnete den Weg in ein ebenso selbstverständliches Familienleben mit schwerbehinderten Pflegekindern. Aufgewachsen im Münsterland, Ergotherapeutin, Rehabilitationsfachberaterin für Rehabilitations- und Medizintechnik, Eventmanagerin, ist sie mittlerweile im Landkreis Wesermarsch in Niedersachsen zu Hause. Seit 2000 nahm Kerstin Held im Lauf der Zeit insgesamt zwölf Pflegekinder mit den unterschiedlichsten Behinderungen auf, bei sieben wurde sie auch selbst Vormund. Seit 2011 ist sie im Vorstand des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e.V., seit 2014 als dessen Vorsitzende.
Eigentlich begann alles mit meinem Freiwilligen Sozialen Jahr in einer Einrichtung für Kinder mit Behinderung. Ich war damals 16 Jahre alt und mein Bezugskind gerade mal fünf. Neun Jahre später sollte sich alles für uns ändern. Dieser Junge wurde Teil meiner Familie. Mein damaliger Mann und ich entschieden uns, ohne jede Vorahnung auf den steinigen Weg, »einfach« gemeinsam mit diesem Kind leben zu wollen. So bekam Sascha zu Weihnachten im Jahr 2000 ein neues Zuhause. Ich erinnere mich noch genau an die Worte der leiblichen Mutter, als wir sie fragten, ob Sascha bei uns leben darf: »Ich habe mir so etwas schon immer für meinen Jungen gewünscht, aber uns wurde immer gesagt, dass es sowas wie eine Ersatzfamilie nicht gibt.« Sie weinte…
Das war der Anfang der Heldenfamilie und es ist ein wenig wie Laufen lernen. Kann man es besonders gut und findet darin seine Berufung, dann schafft man auch einen Marathon. 20 Jahre später sind zehn Kinder mit Behinderung ihren Heldenweg mit mir gegangen und gehen ihn teilweise noch.
Eine sehr weise Frau an meiner Seite sagt einmal: »Pflegefamilien sind eine Institution mit öffentlichem Erziehungsauftrag und dem wunderbaren Beiwerk der Liebe und Geborgenheit.« Ich bin immer da, ich bin verlässlich an der Seite meiner Kinder, ich gehe nicht nach acht Stunden nach Hause, ich nehme in den Arm. In Mamas Bett schlafen, wenn man schlecht geträumt hat oder krank ist, ist selbstverständlich. Eine Mama ist keine Erzieherin oder Pflegefachkraft. Eine Mama ist viel mehr…