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Rezension zu
Die Welt mit anderen Augen sehen. 160 Zen-Geschichten und Koans

Wunderbar kontemplatives kleines Büchlein mit buddhistischen Primärtexten.

Von: Koreander
13.09.2023

Der neue deutsche Titel „Die Welt mir anderen Augen sehen“ wirkt und wirbt besser als der alte deutsche Titel (1976) „Ohne Worte – ohne Schweigen“ oder sogar der Originaltitel von 1957 „Zen Flesh, Zen Bones“. Wobei damit bereits gesagt ist, dass es sich um eine Neuauflage eines absoluten Klassikers der Zen-Literatur handelt. Paul Reps hat bereits 1957 für diese Sammlung von „160 Zen-Geschichten und Koans“ vier sehr unterschiedliche Texte ausgewählt, die alle auf ihre Art eine ganz besondere Einführung und Weiterbildung im Zen-Buddhismus darstellen. Den Anfang bilden die „101 Zen-Geschichten“. Eine Sammlung von kurzen Erzählungen, die Nyogen Senzaki 1919 zusammenstellte. Ursprünglich gehen die Texte auf den Zen-Meister Muju zurück, der diese im 13. Jahrhundert aufschrieb. Es sind Geschichten von chinesischen und japanischen Zen-Lehrern, die ihre Erfahrungen mit dem Lehren und der Lehre aus über 5 Jahrhunderten beinhalten. Einige der Geschichten sind mittlerweile sehr bekannt und werden in zahlreichen Büchern aufgeführt. In Gänze sind es aber dennoch sehr anregende Erzählungen, die zum Sinnieren einladen. Ja, dieser Abschnitt fordert und fördert durchaus reflexive Denken. Den zweiten Teil bilden 48 Koans der Sammlung „Das torlose Tor“. Ursprünglich stellte Wumen Huikai im Jahr 1228 diese Denkaufgaben zusammen. Jeder Koan wird von Wumen kommentiert und mit einem Vers begleitet. Wobei Kommentar und Vers nicht unbedingt immer Klarheit verschaffen (sollen). Koans sind eine Herausforderung gerade für westlich geprägte Menschen. Denn Koans kommen häufig als Frage oder Rätsel daher, haben aber keine formal-logische Lösung. Es kommt also nicht darauf an, die richtige Antwort zu finden bzw. rational nach einer Erklärung zu suchen. Vielmehr soll es gerade das rationale Denken verwirren oder beenden. Dabei sind manche Koans in ihrer „wahren“ Bedeutung recht offensichtlich, während andere überhaupt keine Bedeutung zu haben scheinen. Es kommt darauf an, in sich hineinzuhören, zu fühlen, sich der Verunsicherung und Verwirrung komplett hinzugeben – über einen Koan zu meditieren. Das Durchbrechen des rationalen Denkens soll dabei helfen den wahren Kern des Seins selbst zu entdecken. Selbsterfahrung und nicht Tradition sind schließlich das Fundament des Buddhismus. Den dritten Abschnitt bilden die „Zehn Bilder des Ochsen“. Eine Reihe von Gedichten und Bildern aus dem 12. Jahrhundert zu den „Stufen des Erwachens, die zur Erleuchtung führen“. Die Verse sind wieder mit einem Kommentar versehen. Am Ende hat Paul Reps noch eine alte Sanskrit Schrift angefügt. Das Vigyan Bhairav ​​Tantra ist ein Kapitel aus dem Rudrayamala Tantra. Das Tantra ist als Gespräch zwischen dem Gott Shiva und seiner Gemahlin Devi oder Shakti angelegt. Es stellt 112 Meditationsmethoden (Dhyana) oder Zentrierungstechniken (Dharana) vor. Die Übersetzung von Paul Reps ist nicht ganz unumstritten, bietet aber dennoch einen schönen Einstieg in das Vijñāna Bhairava Tantra. Wer sich hier weiterbilden möchte, findet im Netz reichlich entsprechende Literatur. Alles in Allem bekommt man ein äußerst kontemplatives kleines Büchlein mit Primärquellen. Es sind Zen-Texte zum Selbststudium und zur Selbsterfahrung in Zen. Vielleicht nicht unbedingt als erstes Buch zum (Zen-)Buddhismus geeignet, aber als Fortführung und Vertiefung des eigenen Weges sicherlich eine gute Entscheidung.

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