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»Die Weisheit der Füchse« von Dag Frommhold und Daniel Peller

Special zum Buch »Die Weisheit der Füchse« von Dag Frommhold und Daniel Peller

»Wir möchten mit unserem Buch helfen, das Image des Fuchses zu korrigieren«

Schlau, schön und äußerst sozial: Füchse sind verblüffende Wesen. Und wir Menschen können eine Menge von ihnen lernen. Im Gespräch mit den Fuchsexeperten Dag Frommhold und Daniel Peller

Seit wann und wieso interessieren Sie sich für Füchse? Was macht die Tiere in Ihren Augen so besonders?

Dag Frommhold: Ich war schon als Kind von Füchsen fasziniert. Seitdem habe ich viel Zeit damit verbracht, sie zu beobachten, ihr Verhalten zu studieren, mich mit anderen Fuchsfreunden auszutauschen und alles über sie zu lesen, was mir in die Finger kam. Warum ausgerechnet Füchse es mir derart angetan haben, kann ich schwer sagen – ihre Schönheit und Eleganz, ihre sprichwörtliche Schläue und ihrer scheue, heimliche Lebensweise haben aber mit Sicherheit zu dieser Faszination beigetragen.
Je mehr ich mich mit dem Fuchs beschäftigt habe, je mehr ich über sein bemerkenswertes Sozialleben, seine unglaubliche Anpassungsfähigkeit und seinen unbändigen Überlebenswillen gelernt habe, desto mehr hat er mich in seinen Bann gezogen.

Daniel Peller: Als Kind habe ich mich zunächst für Hunde interessiert, doch aus gesundheitlichen und zeitlichen Gründen konnte ich keinen eigenen Hund halten. Also beschäftigte ich mich stattdessen mit der wilden Tierwelt vor meiner Haustür und der nächste wilde Verwandte des Hundes war hierzulande zu dieser Zeit der Rotfuchs.
Damals begann ich damit, Füchse zu beobachten und mich aus allen denkbaren Quellen über sie zu informieren. Ich las Sachbücher, wissenschaftliche Studien, aber auch viel Jagdliteratur. Dabei stellte ich bald fest, wie unterschiedlich die Bilder waren, die Wissenschaftler auf der einen und Jäger auf der anderen Seite vom Fuchs zeichneten.
Viele Darstellungen von Füchsen haben wenig damit zu tun, wie Füchse wirklich sind. Sie gehören deshalb meines Erachtens zu den am stärksten missverstandenen Tieren. Schaut man hinter die Fassade aus Märchen und Jägerlatein, haben Füchse sehr viel zu bieten: Sie übernehmen wichtige Funktionen im Ökosystem, sind Land- und Forstwirtschaftsnützlinge und können uns Menschen sogar vor gefährlicher Krankheit schützen. Was die gewitzten Überlebenskünstler darüber hinaus besonders macht, ist ihr Sozialverhalten, ihre Lebensfreude und Verspieltheit, sowie ihre Anpassungsfähigkeit, Friedfertigkeit, Intelligenz, Eleganz und Schönheit. Sich mit Füchsen zu beschäftigen ist jedoch nicht nur interessant, sondern man kann als Mensch auch manches von ihnen lernen.


Warum schreiben Sie dieses Buch? Was ist das Buch und was ist es nicht?

Dag Frommhold und Daniel Peller: In den letzten Jahrzehnten hat die moderne Verhaltensforschung viele faszinierende Erkenntnisse über den Rotfuchs zutage gefördert, die unser Bild von Meister Reineke grundlegend umgekrempelt haben. Anders, als man früher dachte, sind Füchse zum Beispiel keineswegs egoistische Einzelgänger, sondern höchst soziale Tiere, die enge emotionale Bindungen pflegen, sich gegenseitig unterstützen und in Notzeiten füreinander einstehen. Füchse sind zu beeindruckenden kognitiven Leistungen fähig, vermeiden unnötige Aggression, und nutzen äußerst differenzierte und vielfältige Mittel, um mit Artgenossen zu kommunizieren.
Wir haben dieses Buch geschrieben, weil wir den Menschen dieses moderne Bild vom Rotfuchs auf zugängliche, unterhaltsame Weise vermitteln möchten. Wir entführen die Leserinnen und Leser anhand einer Fülle spannender Anekdoten und verblüffender Beobachtungen in die Welt der Füchse und geben ihnen erstaunliche Einblicke in das füchsische Verhalten.
Wir wollen mit unserem Buch aber nicht nur zeigen, was für verblüffende Wesen Füchse sind, sondern auch, dass wir Menschen eine Menge von ihnen lernen können.


Was können wir Menschen von Füchsen lernen?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse zeigen uns, wie man mit Anpassungsfähigkeit und Flexibilität zum Ziel kommt, wie man Widrigkeiten und Rückschläge meistert, ohne dabei zu versäumen, das Leben zu genießen, und wie befreiend Loslassen sein kann. Füchse passen ihr Familienleben und ihr Zuhause flexibel an ihre aktuellen Bedürfnisse an, und im Zweifelsfall gilt bei ihnen: Köpfchen statt Aggression. So sind Füchse trotz ihrer zierlichen Statur über die Jahrhunderte zu den erfolgreichsten Landbeutegreifern der Erde geworden, allen Nachstellungen durch den Menschen zum Trotz. Wie Füchse das bewerkstelligen, worin ihr Erfolgsgeheimnis und damit letztlich »die Weisheit der Füchse« liegt, sind spannende Fragen, die wir in jedem unserer Kapitel aus anderer Perspektive beleuchten.


Wieso brauchen Füchse eine größere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit? Sind sie in Gefahr?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse sind in ihrem Bestand nicht bedroht, und Umfragen zeigen, dass sie bei den allermeisten Menschen auch durchaus beliebt sind. Allerdings gibt es leider auch noch immer Vorurteile, die zu Ängsten und Missverständnissen führen können. Zudem haben Füchse leider sehr einflussreiche Feinde, die sie sehr medienwirksam als vermeintlich gefährlichen Krankheitsüberträger oder als Gefahr für den Artenschutz darstellen. Damit versuchen die Jagdverbände das Töten von deutschlandweit rund einer halben Million Füchsen pro Jahr zu rechtfertigen.
Wir möchten mit unserem Buch Vorurteile und unbegründete Ängste abbauen, Missverständnissen vorbeugen und helfen, das Image des Fuchses zu korrigieren. Wer Füchse und ihr Verhalten besser versteht, hat es zudem leichter, im Siedlungsraum in Nachbarschaft mit ihnen zu leben und sich uneingeschränkt an ihnen zu erfreuen. Davon abgesehen, sind Füchse als eifrige Mäusejäger ausgesprochene Nützlinge in der Land- und Forstwirtschaft und halten als Gesundheitspolizisten in der Natur die Bestände ihrer Beutetiere gesund und widerstandsfähig.


Sind Füchse soziale Wesen?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse galten lange Zeit als Einzelgänger, doch die jüngere Forschung hat sehr deutlich gezeigt, dass Füchse sehr soziale Tiere sind – ganz ähnlich wie Hunde und Wölfe. Zwar jagen sie im Gegensatz zu Wölfen nicht gemeinsam – da ihre Hauptbeute Mäuse sind, wäre das auch wenig zielführend –, aber sie leben in den verschiedensten Familienstrukturen zusammen. Von alleinerziehenden Eltern über lebenslange Ehen und polyamoröse Beziehungen bis hin zu Groß- oder gar Patchworkfamilien, die über viele Generationen hinweg ein Revier besetzen, ist bei Füchsen nahezu jedes Familienmodell zu finden, das man auch von uns Menschen kennt. Dort, wo Füchse in Familiengruppen zusammenleben, kann man ganz erstaunliche Aspekte ihres Sozialverhaltens beobachten: Füchse können fremde Artgenossen in ihre Familie aufnehmen, verwaiste Welpen anderer Füchse adoptieren, verletzte Familienangehörige versorgen und einander bei der Revierverteidigung unterstützen.


Wie begegnen Füchse anderen Tieren?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Auseinandersetzungen mit Hunden und Katzen gehen Füchse ziemlich konsequent aus dem Weg. Katzen sind enorm wehrhaft, und ein Fuchs kann es sich schlichtweg nicht leisten, durch ernste Verletzungen im Überlebenskampf beeinträchtigt zu werden – er hat schließlich keinen Tierarzt, der ihn danach wieder zusammenflickt. Meist ignorieren Fuchs und Katze sich gegenseitig, und wenn es doch einmal zu Meinungsverschiedenheiten kommt, nimmt fast immer der Fuchs Reißaus.
Übrigens kommt es sogar vor, dass Füchse sich friedlich einen Bau mit anderen Höhlenbewohnern wie Dachsen oder sogar Kaninchen teilen. Die Kaninchen sind dabei für Familie Reineke keineswegs nur ein willkommenes Frischfleischlager: Am Bau herrscht »Burgfrieden«, d.h. die Füchse stellen ihren Untermietern nicht nach.


Was müsste sich in Ihren Augen ändern, damit Füchse friedlich in Deutschland leben können?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Das größte Problem – und auch die häufigste Todesursache – für Füchse ist hierzulande die Jagd. Laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2020 befürworten aber nur noch 10% der Deutschen das Töten von Füchsen als »Managementmaßnahme«. Zudem zeigen wissenschaftliche Studien klar, dass die Jagd auf Füchse weder zur Eindämmung von Wildtierkrankheiten beiträgt noch bedrohten Arten hilft.
Daher ist es längst überfällig, dass die Gesetzgebung dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand und den sich wandelnden ethischen Maßstäben der Gesellschaft angepasst wird. Immerhin ist der Tierschutz sogar als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Leider ziehen die allermeisten Politiker es bislang vor, sich stattdessen den Abschussinteressen einer kleinen, aber einflussreichen Minderheit unterzuordnen. Ein Mitgrund dafür mag sein, dass der Anteil an Jägern im Bundestag fast zehnmal höher ist als in der Gesamtbevölkerung.
Damit sich die positiven Umfragewerte auch in politischen Entscheidungen niederschlagen, müssen die Freunde des Fuchses ihr Schweigen brechen. Wenn genug Menschen das konsequent tun, wird das letzten Endes dazu führen, dass die Politik handeln muss. Unser kleines Nachbarland Luxemburg ist uns in dieser Hinsicht voraus: Füchse sind dort seit 2015 vor jagdlichen Nachstellungen geschützt – mit der Begründung, dass es für die Fuchsjagd schlicht »keinen objektiven Grund« gibt.


Was ist Ihr größtes Anliegen in Bezug auf den Fuchs? Was wünschen Sie sich für ihn?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchsen hilft es am meisten, wenn die Menschen sie schlicht als das sehen, was sie sind: Hochentwickelte hundeähnliche Beutegreifer, die eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen, die als Individuen aber auch eigene Interessen und Bedürfnisse besitzen. Je besser wir Füchse verstehen, desto besser können wir ihr Verhalten lenken, und desto konfliktfreier gestaltet sich die Nachbarschaft mit ihnen im Siedlungsraum.
Als Konsequenz müssen wir Füchsen Respekt gewähren und dürfen sie nicht als lebende Zielscheiben misshandeln. Wenn man Hunden mit Schlagfallen Körperteile zertrümmert, sie auf der Flucht mit Schrotkugeln durchsiebt oder sie als Welpen einfängt und erschießt, betrachten die meisten Menschen das wohl völlig zurecht als üble Tierquälerei. All das ist aber an der Tagesordnung und völlig legal, wenn es um Füchse geht. Es wird höchste Zeit, dass sich das ändert.


Sind Füchse wirklich so gerissen/schlau?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass Füchse ziemlich clevere Tiere sind: Sie stellen sich tot, um Aasfresser wie Krähen zu fangen, tricksen andere Tiere (und auch Menschen) mit Ablenkungsmanövern aus, um an Spielzeug oder Nahrung zu gelangen, und »lösen« Intelligenzspielzeug für Haustiere in Nullkommanichts. In unserem Buch haben wir eine ganze Reihe solcher Beispiele zusammengetragen.


Phänomen Stadtfuchs: sind diese Füchse gefährlich?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse sind nicht gefährlich – ganz im Gegenteil. Menschen gegenüber sind Füchse grundsätzlich nicht aggressiv. Solange ein Fuchs einen Ausweg sieht, sucht er sein Heil immer in der Flucht. Erfahrungen aus Wildtierstationen zeigen, dass Füchse im Gegensatz zu anderen Tieren wie Mardern oder Greifvögeln weitaus zurückhaltender sind und nur in Extremsituationen zubeißen.
So gibt es keinen Grund, Angst vor Füchsen zu haben: Die Tollwut ist bei uns schon seit 2008 ausgerottet, und vor dem Fuchsbandwurm – übrigens eine der seltensten Parasitenerkrankungen Europas – kann man sich mit einfachen Mitteln schützen. Wir können uns also ganz entspannt an Stadtfüchsen als ein Stück Natur und Wildnis innerhalb des Siedlungsraums erfreuen.


Soll der Mensch dem Fuchs aktiv helfen? Ist es sinnvoll, Füchse zu füttern?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Grundsätzlich brauchen Füchse keine Hilfe von uns. Man sollte Füchse zum Beispiel nicht füttern oder sonst in die Nähe von Menschen oder Häusern locken. Damit nimmt man ihnen ihre Scheu vor dem Menschen, was dazu führen kann, dass sie als vermeintliche Problemfüchse angesehen und getötet werden.Aber es gibt Ausnahmen, in denen einzelne Füchse durchaus unsere Hilfe brauchen, z. B. wenn sie krank oder verletzt sind. In solchen Fällen sollte man immer eine fuchskundige Wildtierhilfe zu Rate ziehen.
Die vielleicht wichtigste Form der Hilfe für Füchse kostet keinen Cent, und jeder kann sich daran beteiligen: Schweigen Sie nicht, wenn jemand Vorurteile verbreitet, Ängste vor Füchsen schürt oder ihre Bejagung propagiert. Solche Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit im Kleinen wie im Großen ist wichtig für eine konfliktfreie Nachbarschaft von Mensch und Fuchs und trägt dazu bei, dass Füchse langfristig durch bessere Gesetze geschützt werden.


Wie kommunizieren Füchse?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse sind sehr soziale Tiere, die oft in Familienverbänden zusammenleben. Um sich untereinander zu verständigen, nutzen sie alle ihre Sinne:
• Über mittlere bis größere Distanzen verständigen sie sich mithilfe einer sehr nuancierten Lautsprache. Füchse können sich auch gegenseitig an ihren Rufen erkennen.
• Um bleibende Botschaften zu hinterlassen, verfügen Füchse über diverse Duftdrüsen. Duftstoffe werden eingesetzt, um das Revier abzugrenzen, Besitzansprüche auf Gegenstände zu erheben oder dienen der Buchführung über Nahrungsverstecke. Geruchsbotschaften können sogar Aufschluss über den Gemütszustand des Senders geben.
• Zudem spielen Körperhaltung und Mimik eine große Rolle bei Begegnungen zwischen Füchsen. So kann man an der Stellung von Ohren und Schwanz oder dem Gesichtsausdruck etwa die Rangordnung zweier Füchse ablesen oder aggressive von spielerischen Absichten unterscheiden.
• Auch Berührungen sind wichtiger Bestandteil der füchsischen Kommunikation. So dient die gegenseitige Fellpflege oder das gemeinsame Spiel der Stärkung von sozialen Bindungen.


Welche Rolle spielen Füchse für ein intaktes Ökosystem? Sind sie für den Menschen »nützlich«?

Dag Frommhold und Daniel Peller: Füchse tragen durch das Erbeuten von kranken und geschwächten Individuen dazu bei, dass Tierbestände gesund und fit bleiben. Zur Hauptbeute von Füchsen zählen Wühlmäuse und Kaninchen, die in Forst- und Landwirtschaft erhebliche Schäden anrichten. Die gezielte Förderung von Füchsen und anderen natürlichen Mäusejägern führte in den Thüringer Wäldern sogar dazu, dass der Einsatz von Giften zur Mäusebekämpfung um 97% reduziert werden konnte.
Füchse sind allerdings noch auf andere Art nützlich für uns: Mäuse bilden ein Reservoir für diverse Krankheitserreger – darunter auch die für Menschen gefährliche Lyme-Borreliose. Die Anwesenheit von Füchsen und ihr Einfluss auf das Verhalten von Mäusen führt dazu, dass Zecken seltener Kontakt mit Mäusen haben und somit auch seltener Überträger dieser Krankheiten sind. Studien zeigen dementsprechend, dass Füchse effektiv das Risiko für Menschen reduzieren, an der Lyme-Borreliose zu erkranken. Die Menschheit steht noch ganz am Anfang, wenn es darum geht, die vielfältigen und komplexen Zusammenhänge in der Natur zu begreifen. Es steht aber außer Zweifel, dass Füchse ein wichtiger Bestandteil eines intakten Ökosystems sind und auch uns Menschen wertvolle Dienste erweisen.

Die Weisheit der Füchse

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