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Header Greenblatt, Der Tyrann

SPECIAL zu Stephen Greenblatt

Drei Fragen an Stephen Greenblatt

Was lässt Shakespeares Beschreibung von Aufstieg, Herrschaft und Sturz der Tyrannen so zeitlos erscheinen? Und dabei so aktuell?

Stephen Greenblatt: Shakespeare ist nicht deshalb ein großer Dichter, weil er relevant ist; er ist relevant, weil er ein großer Dichter ist. Er ging den Dingen auf den Grund.

Sie schildern Shakespeares Strategie, seine Kritik indirekt zu äußern, mittels „schräger Perspektive“ – hat Sie das angeregt, es ihm gleich zu tun?

Shakespeare hatte keine Wahl. Er lebte in einer Gesellschaft ohne freie Meinungsäußerung oder demokratische Öffentlichkeit. In meinem Fall gibt es keine solche Beschränkungen. Aber der ohrenbetäubende Lärm der täglichen Nachrichten, die endlosen Lügen, die bösartigen Ausfälle, die planmäßige Verbreitung von Fake News verbunden mit dem aggressiven Ignorieren der Realität – all dies ist deprimierend und verstörend. Shakespeares unübertroffene Fähigkeit, die Wahrheit indirekt auszusprechen, war für mich insofern ein Vorbild, eine Möglichkeit, all dem Lärm zu entkommen.

In einem Artikel für die „New York Times“ haben Sie beschrieben, wie uns Shakespeare eine Erklärung für den Wahlausgang 2016 liefern kann (in dem er vor allem auf die „selbstzerstörerischen Reaktionen“ der Menschen rund um den Kandidaten abhebt) – glauben Sie, dass Shakespeare auch für die Zeit nach Donald Trumps Wahl recht behält?

Shakespeare erkannte klar, dass der pathologische Narzissmus und schrankenlose Ehrgeiz eines Einzelnen nicht reicht, damit dieser die Macht an sich reißt, dazu kommt nämlich noch das Heer an Helfershelfern – aus ganz unterschiedlichen Motiven unterstützen sie jemanden, von dem sie genau wissen, dass er ins Unheil führt. Für mich besteht im Moment kein Anlass, an dieser Deutung zu zweifeln.

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