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Kristine Bilkau: Die Autorin zum Buch

Die Autorin zum Buch

Kristine Bilkau
© Thorsten Kirves
„Mir ging es darum, ein bestimmtes Lebensgefühl einzufangen, das vor allem die Generation der heute 30-40jährigen betrifft. Sie wurden von ihren Eltern auf ein recht sicheres, unbeschwertes Leben vorbereitet, doch fühlen sich alles andere als sicher. Einflüsse wie zusammenbrechende Kapitalmärkte, Digitalisierung, Immobilienblasen haben sie – aus der Ferne – in ihrer Wahrnehmung geprägt, doch fließen auf einmal direkt ins Private ein: Eine Musikerin, die sich in befristeten Arbeitsverhältnissen immer wieder neu bewähren muss, versagt, weil sie sich davor fürchtet, durch jemand anderen oder durch ein virtuelles Instrument ersetzt zu werden. Ein Journalist beobachtet, wie seine Zeitung verkauft wird, und muss sich gegen den Gedanken wehren, nichts weiter als ein Kostenfaktor zu sein. Für die Familie wird die Wohnung im vertrauten, aufstrebenden Viertel zu einem Symbol für den möglichen Abstieg. Können wir bleiben? Gehören wir noch dazu? Doch bevor ein wirklicher Abstieg beginnt, findet er bei meinen Figuren schon im Kopf statt. Denn sie gehören zu der Generation der Vorsichtigen, die alles abwägen und sich Fehler nicht verzeihen. Doch krisenfest ist diese Generation trotzdem oder gerade deshalb nicht; sie setzt sich selbst unter Druck, ohne sich dessen bewusst zu sein. Der Druck entsteht durch den Anspruch, ein fehlerfreies Leben zu führen. Das versuche ich in meinem Roman zu erzählen.

Meine Figuren bewegen sich in einem Umfeld, in dem Niederlagen keinen Raum haben, in dem scheinbar glückliche Familien in scheinbar großen Wohnungen leben, Kinder haben und erlesene Bio-Produkte kaufen. Isabell und Georg sind Teil dieses Umfelds, sie haben es selbst mit erschaffen, doch nun geraten sie unter Druck. Isabell definiert sich durch ihr Stadtviertel und leidet unter der Angst, diese Basis zu verlieren. Eine verständliche Angst. Wohnraum, so versuche ich in meinem Roman zu erzählen, ist mehr als eine Anzahl von Zimmern. Die Räume, so empfindet es meine Protagonistin, nehmen das Leben ihrer Bewohner in sich auf, bewahren und schützen es. Die Angst, diese Räume zu verlieren, macht sie für Isabell nur noch umso magischer und lebenswichtiger. Währenddessen klammert sie sich an die Bindung zu ihrem Kind und überhöht diese Bindung in Momenten geradezu. Das verlorene Selbstverständnis schärft ihren Blick auf das Heranwachsen ihres Kindes. Besonders schöne Momente werden fast schmerzhaft, weil Isabell sich ihrer Vergänglichkeit bewusst wird. Georg dagegen schützt sich mit Aussteiger-Sehnsüchten, träumt in Immobilienportalen von Lebensmodellen fernab der Großstadt – eine Flucht, denn für einen echten Ausstieg ist er viel zu sicherheitsorientiert. Doch seine Sehnsucht, sich dem selbst erzeugten Perfektionsanspruch zu entziehen, ist nachvollziehbar. In einer Ära der globalen Krisen, die meine Figuren Tag für Tag beobachten können, scheinen sie herausfinden zu müssen, wie man persönliche Krisen im kleinsten Kreis, als Familie, fürs erste akzeptiert, und dann womöglich auch übersteht.“

Kristine Bilkau über ihr Romandebüt „Die Glücklichen“

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