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Rezension zu
Das Kino am Jungfernstieg

Das Hamburg der Nachkriegszeit wurde wieder zum Leben erweckt

Von: Virginie Storm
06.09.2019

Lili will dringend von Berlin nach Hamburg reisen, weil ihre Mutter erkrankt ist. Doch im Jahr 1946 ist dies nicht leicht, weil dafür erst ein Interzonenpass beantragt werden muss. Der charmante britische Offizier John Fontaine hilft ihr schließlich - denn als Film-Cutterin hat Lili Informationen, die ihn brennend interessieren. In Hamburg angekommen, erfährt die junge Frau, dass ihr Schwager das geliebte Lichtspielhaus der Familie schließen lassen will. Lilis Nichte Gesa träumt derweil davon, Schauspielerin zu werden. Und dann ist da noch ein Mann, der sich in Frankreich in Kriegsgefangenschaft befindet … Es hat mir sehr gut gefallen, wie die Autorin Micaela Jary, den Alltag der Nachkriegszeit wieder auferstehen lässt. Mit einer Fülle von Details und der Erwähnung realer Vorkommnisse vermittelt sie einen spannenden Einblick in das Leben von damals. “Cafés, Kinos und Theater mussten um siebzehn Uhr schließen, die Wohnungen in jedem Stadtteil wurden abwechselnd zweimal die Woche vom Netz abgeschnitten, der Verkehr der Hochbahn wurde komplett eingestellt, die Straßenbahnen fuhren nur noch, wenn überhaupt, am frühen Morgen und am späten Nachmittag, Ladengeschäfte durften nur bis fünfzehn Uhr geöffnet haben, Büros zwei Stunden länger. Was für den Strom galt, betraf auch die Gaslieferungen an Privathaushalt.” Zuteilungen für Filmmaterial mussten bei den Briten angefragt werden (Hamburg gehörte damals zur britischen Zone) ebenso wie die Genehmigung einen Film zu drehen. Und der verheerende Feuerstum von ‘43 war im Anblick der Trümmer stets allgegenwärtig. Heutzutage kann man sich diese Umstände kaum vorstellen. Ich stutzte bei einem Satz, in dem es hieß, dass jemand nicht genug Kohle habe. Erst nach einem Moment wurde mir klar, dass damit nicht “Geld” sondern echte Kohle zum Heizen gemeint war. Im “Katastophenwinter” 1946/47 herrschten wochenlang Temperaturen bis zu Minus zwanzig Grad. Das Kino war der Ort, an dem die Menschen für ein paar Stunden die schlimmen Zeiten und ihren Alltag vergessen konnten. Michael Jary, der Vater der Autorin, war Filmkomponist und nach dem Krieg maßgeblich am Aufbau der Filmstadt Hamburg beteiligt. Die Charaktere des Buches sind fiktiv, beruhen jedoch teilweise auf damals tatsächlich lebenden Personen. Die Kino-Saga ist als Trilogie angelegt. Ein anschauliches Stück Zeitgeschichte, mit liebenswerten Protagonisten und einem mitreißenden Plot, der einen Einblick in die Filmwelt bietet! Ich freue mich schon auf den nächsten Band, der im März 2020 erscheinen soll und im Jahr 1952 spielt.

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