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Rezension zu
Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik war mehr als der Wegbereiter für die Nazi-Diktatur

Von: Kim F
28.09.2015

Das neueste Geschichtsbuch, das Spiegel-Redakteure und Historiker gemeinsam verfassten, beschäftigt sich mit Deutschlands erster Demokratie, der sogenannten Weimarer Republik. In verschiedenen Kapiteln werden Erfolge, Niederlagen und Krisen des ersten deutschen Demokratieversuchs beleuchtet, außerdem etwa der technische Fortschritt und die allmähliche kulturelle Blüte der Jahre vor 1933 behandelt sowie die sozialen und politischen Unruhen. Insbesondere wird zusätzlich nach den Ursachen für den schnellen Untergang der Weimarer Republik, der nach nur 15 Jahren der Aufstieg des Nationalsozialismus folgte, gesucht. Das Buch ist in vier Hauptkapitel unterteilt. Das erste („Neuanfang“) beginnt mit einem Art Einleitungskapitel von Eva-Maria Schnurr, in dem sie dafür plädiert, die Weimarer Republik nicht immer nur bloß als Krise und Vorläufer zur Nazidiktatur zu sehen, als die sie gemeinhin gedeutet wird. Es folgt ein Interview mit dem Historiker Wolfram Pyta über den Fehlstart unserer ersten Demokratie und auch die Ursachen ihres Scheiterns und einzelne Kapitel zur frühen Phase der Weimarer Republik, wie etwa über die gewaltsamen Auseinandersetzungen, die die junge Republik erschütterten, die Bedeutung des Versailler Vertrags und die Inflation und damit verbundene Wirtschaftskrise bis 1923 und über Friedrich Ebert, den ersten Reichspräsidenten. Das zweite Hauptkapitel („Trügerische Stabilität“) widmet sich grob den Jahren nach der Überwältigung der Hyperinflation 1923, Einzelkapitel beschäftigen sich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung, Hugo Stinnes, einem der einflussreichsten Unternehmer, Deutschlands Wiederaufnahme in die Völkergemeinschaft unter Außenminister Gustav Stresemann, Konrad Adenauers Widerstand gegen Nationalsozialisten als Kölner Oberbürgermeister, Marie Juchacz, die als erste Frau vor einem deutschen Parlament sprach, und Paul von Hindenburg, der neuer Reichspräsident wurde. Der dritte Teil („Kultureller Aufbruch“) handelt von dem sich entwickelnden kulturellen Aufschwung der 1920er Jahre, Berlin mit seinen vielen verschiedenen Etablissements wird vorgestellt, wie auch der Wandel in der Schriftstellerszene, die Mode der Republik, das Bauhaus und die Entwicklungen in der Zeitungslandschaft, wobei ein Einzelkapitel dem Journalisten Theodor Wolff gewidmet ist, der im Berliner Tageblatt vor den Nationalsozialisten warnte. Das letzte Hauptkapitel („Der Weg in die Diktatur“) beschäftigt sich mit den Gründen für den schnellen Verfall der Weimarer Republik, auf die die nationalsozialistische Diktatur folgte. Einzelne Kapitel erläutern etwa die Entwicklung der NSDAP zur Volkspartei im Zuge der Weltwirtschaftskrise, die Helfer bei Hitlers Aufstieg, die Versuche der SPD, Hitlers Machtergreifung zu verhindern, die Rolle der KPD, Kurt von Schleicher, den letzten Kanzler der Weimarer Republik und zuletzt die Entwicklung des deutschen Films in der Weimarer Republik, die gemeinhin als beste Zeit des deutschen Films gilt. Man erhält somit einen umfangreichen Überblick über die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklungen während der knapp 15 Jahre andauernden Weimarer Republik, die auch für Leser ohne viele Vorkenntnisse sehr verständlich verfasst wurden. Mir fehlten hin und wieder einige tiefergehende Erläuterungen zu den dargestellten Entwicklungen, die oftmals (nicht verwunderlich bei der knappen Seitenanzahl) recht oberflächlich geschildert wurden. Dies mag aber auch daran liegen, dass ich mich immer wieder mit einzelnen Aspekten der Geschichte der Weimarer Republik beschäftigt habe und somit für mich nicht viel Neues zu erfahren war. Demnach würde ich dieses Buch eher zum Einstieg in die Thematik empfehlen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, mehr kann dieses Buch, so wie es angelegt ist, nicht leisten. Mir gefielen vor allem die Kapitel über Einzelpersonen, die zahlreiche neue Informationen für mich über diese Personen bereit hielten und die gelungen aufzeigen konnten, welche Lebensbrüche viele Menschen, die die Kaiserzeit, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik und dann auch den Aufstieg des Nationalsozialismus erlebten, durchleiden mussten, was insbesondere die große Unsicherheit der Menschen zu Beginn der jungen Republik stärker verdeutlichen kann. Auch der dritte Hauptteil über die kulturellen Entwicklungen in der Weimarer Republik war wirklich überzeugend, insbesondere da er sich etwas von den üblichen Themen, die einem meist bei Texten zur ersten deutschen Demokratie über den Weg laufen, entfernte (wie die politischen Unruhen, Inflation, Weltwirtschaftskrise, Nichtverhindern der Machtergreifung Hitlers…). Kapitel 1 und 4 hingegen bieten nicht viel Neues, die üblichen Gründe für den schweren Start der Demokratie und die üblichen Gründe für den Aufstieg des Nationalsozialismus werden erläutert. Der Anhang des Buches weist noch eine knappe Chronik der Jahre 1918-33 auf, gibt einige weiterführende Literaturhinweise und stellt die Autoren der Einzelkapitel ganz kurz vor. Fazit Ein gelungenes, angenehm zu lesendes Überblickswerk über die Weimarer Republik, das sich vor allem für Einsteiger in die Thematik eignet, da es wenig Vorkenntnisse voraussetzt und die wichtigsten Entwicklungen der Jahre 1918-33 in Deutschland darstellt. Für Leser mit Vorkenntnissen hält es immerhin einige Literaturtipps bereit, die eher zu empfehlen sind, wenn man sich tiefergehend für Deutschlands erste Demokratie interessiert.

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