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Rezension zu
Die Scheidungspapiere

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein gefühltes Millennium an Papieren, die den Start in ein neues Leben ermöglichen

Von: Jil Aimée
29.09.2015

In ‚Die Scheidungspapiere‘ begegnen wir der jungen Strafrechtlerin Sophie Diehl, die durch den ausdrücklichen Mandantenwunsch Mias erstmals mit einer Scheidung beauftragt wird und somit mit dem Zivilrecht in Kontakt kommt. Zunächst ist ihr dies zu wider. Sie sieht sich durch und durch als Anwältin des Strafrechts, die sich in den Gefilden und Wassern der zivilen Prozesse nicht zurechtzufinden traut. Doch ihr steht ein erfahrener Partner der Kanzlei zur Seite, der sie nicht nur ermutigt, einen Sprung in fremde Wasser zu wagen, sondern ihr auf ganzer Linie mit Rat und Tat – fast wie ein väterlicher Freund - zur Seite steht. Ihr neuer Fall ist eine mittels-tragische Scheidung eines bekannten Ehepaars der höheren Gesellschaftsklasse Ende der 90er-Jahre. Dort, wo man eben Geld hat. Und Geld macht die Angelegenheiten oft dreckig. Er ist ein erfolgreicher Onkologe, der seinen Patienten näher ist als seiner eigenen Tochter Jane. Sie ist ein Sprössling einer reichen Unternehmerfamilie, die für ihre Tochter Jane alles tun würde. Sophie ist dabei genau die richtige Anwältin, denn sie ist frisch, spritzig und in zivilen Angelegenheiten unvoreingenommen. Sie brilliert mit ihrem hart antrainierten zynisch sarkastischen, ja beißerischen Verhandlungsgeschick und vermag somit, Alteingesessene ins Wanken und Schwitzen zu bringen. Manchmal braucht es diese Unbedarftheit und ‚Unerfahrenheit‘ in gewissen Bereichen, um unvoreingenommen der allgemeinen Handlungsempfehlungen etwas zum Erfolg zu bringen. Darüber hinaus treffen in diesem Roman und Fall Welten zusammen. Es geht nicht nur um Recht und Unrecht, die schwierige Situation einer Scheidung für alle Beteiligten – gerade für ein involviertes Kind, das durch Cleverness glänzt – sondern auch um den Umgang mit antisemitischen Zügen, die Wandlung dieser und dem Brückenschlagen zwischen unterschiedlichen Herkünften und Charakteren. Es werden mehrere Handlungsstränge vereint: Familienvergangenheiten, Scheidungsprozess und Parallelen, Liebesbeziehungen, Kindeswohl, Entwicklungswünsche und Tatsachen im Job einer jungen Anwältin, die in diesem Fall ein Stück weit auch ihr eigenes Leben aufarbeitet, und eine wunderbare Freundschaft und der Weg in ein neues Millennium. Susan Rieger schafft hier einen ‚Brief-Roman‘ der anderen Art. An manchen Stellen durchaus schwierig, was der Thematik geschuldet ist. Sie kleidet diesen in eine mitreißende und ungewöhnliche Form und Zusammenstellung von Aktennotizen, offiziell rechtlichen Dokumenten, anwaltlichen Vereinbarungen, Emails und Memos gespickt mit handgeschriebenen Briefen. All dies macht diesen ‚Brief-Roman‘ zu meinem Lesehighlight in diesem Herbst. Er strotzt vor Humor und Menschlichkeit, Tragik und Klarsicht, Recht und Gefühl, Unsicherheit und Selbst-Bewusstheit und wirkt einfach funkensprühend und kultiviert. Durch und durch lebendig erzählt. An keiner Seite entstand das Gefühl von Trockenheit. Man merkt der Autorin die juristische Kenntnis an und deshalb hat sie es auch geschafft, es so packend und verständlich zugleich zu gestalten. Die emotionale Achterbahnfahrt aller Betroffenen, ob Anwältin, Kind oder Mandantin, sind jederzeit nachvollziehbar und wirken greifbar, echt. Nicht nur die Geschichte, sondern auch das pinke (frauliche) Cover mit dem Stapel an Scheidungspapieren und dem Titel selbst, macht Lust, reizt an, in das Geschehen einzudringen. Trotz der Thematik und des offiziell anwaltlichen Touchs, der stets präsent ist, hat es mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Das mag daran liegen, dass ich selbst ein Scheidungskind bin und mein Vater selbst ein Anwalt und ich somit besonderes Interesse an dieser Geschichte hegte. Ich musste sie einfach lesen. Unabhängig davon ist sie scharf, lustig und stets clever erzählt. Ein äußerst gelungenes Debut. Es lohnt, gelesen zu werden. Lieben Dank an den Goldmann Verlag für das Zusenden eines Rezensionsexemplars und das ermöglichen in ein Genre übergreifendes Eintauchen. Eure Jil Aimée

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