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Rezension zu
Ænglisch

Literarische "Akwareller"

Von: Thomas Lawall
25.04.2016

Wer einen ausgedehnten Urlaub in England verbringt, verlernt das Staunen und Wundern in keinem Fall. Beispielsweise in einem Hotel in Harwich, welches noch zu jenen Etablissements gehört, die sich mit einer "nackten Glühbirne als einziger Lichtquelle" auszukommen begnügen. Man ist gut beraten, Abfahrtszeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht allzu ernst zu nehmen. Deutsche Pünktlichkeit zahlt sich nicht aus. Kommt der Zug nicht, hat er womöglich keine Verspätung, sondern ist schon abgefahren, "weil diese exzentrischen Briten mal wieder Zugverfrühung machten". Sarah Kirsch konnte dies nicht aus der Ruhe bringen. Zumal sie dieses Phänomen bereits während früherer Reisen studierte. "Sagen die sich: voll ist es, fahren wir los. Sind wir auf jeden Fall pünktlich am Ziel." Immer wieder bewunderte sie die "Exzentrizität der hiesigen Menscher". An einem Fahrkartenschalter war es "great und einfach irre", da ein Ticketverkäufer aus seiner Begeisterung für seinen Beruf keinen Hehl machte und ein "Riesentheater" veranstaltete. Ganz anders, wenn Landsleute auftauchen. Dann kann es schon einmal ernst werden. "Im Hotel gibt es anscheinend Menscher aus München. Muß man auf Tauchstation gehen." Der Zauber jener Tagebuchaufzeichnungen, wie auch in "Märzveilchen" und "Juninovember" liegt im Detail. Atlantik- und Kanalwetter setzen eine gewisse Toleranz und reichlich Humor voraus, zumindest aber "ne kleene Regenhaut". Vom schönem Wetter sollte man sich keinesfalls täuschen lassen. "Und gleich haben sie wieder alles bewölkt." Und immer wieder die scharfsinnig beobachtete Natur, der sie ihr Leben lang zutiefst verbunden war. Jeden einzelnen Baum, jeden Busch und jede Blume mag sie aufzählen und Beachtung schenken. Die Farben des Meeres faszinieren sie, ob "silberweißes Spitzengrau" oder "schwarzer Lack". Und wenn sie "Fregattvögel" über die See fliegen sieht, kennt ihre Faszination keine Grenzen mehr: "... so haut es mir nahezu um. Weeß ooch nicht weshalb." So war das in England, vor 15 Jahren, als Sarah Kirsch mit ihrem Sohn die große Insel bereiste. Heute mag vieles anders sein, doch durch ihre Augen betrachtet, sah die Welt schon immer etwas anders aus. So wie sie eben ist, original, unverfälscht und auf den Punkt gebracht. Kostbare Momentaufnahmen aus Wortgemälden - literarische "Akwareller" wenn man so will.

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