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Rezension zu
Reise nach Orkney

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Der Zauber des Ozeans

Von: Books and Biscuit
15.08.2016

Reise nach Orkney ist eines dieser Bücher, das eine ganze Weile auf meinem SUB liegen musste, weil ich mich nicht bereit dafür fühlte, weil einfach nicht der richtige Zeitpunkt war. Doch vor ein paar Tagen war es plötzlich so weit und ich griff ganz selbstverständlich danach, schlug es auf und begann zu lesen. Wir begleiten den Professor Richard und seine vierzig Jahre jüngere Frau bei ihren gemeinsamen Flitterflochen in Orkney. Sie haben sich in der Uni kennengelernt, sie war eine seiner Studentinnen. Die Annäherungsversuche beider Seiten waren sehr zögerlich, es erinnert an einen zarten, schüchternen Tanz. Immer wieder springt Richard, der Ich-Erzähler, vom Hier und Jetzt in Orkney in ihre gemeinsame Vergangenheit. Ein gestohlenes Lächeln, ein flüchtiges Zunicken, ein schüchternes Gespräch. Im einen Moment betrachtet er seine wunderschöne, junge Frau, die er mit allerhand mystischen Figuren vergleicht - wie eine "Herbsthelfe auf der Flucht vor dem ersten Frost" -, verliert sich in seinen Phantasie, vermischt die Mythologien, die er studiert, mit der Realität. Und im nächsten Moment befinden wir uns an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit. Beinahe fühlt es sich so an, als wäre es nicht nur ein Sprung in die Vergangenheit, sondern auch ein Sprung zurück in die Wirklichkeit. Nach und nach lernen wir das Paar kennen, wobei der Fokus auf Richard gelegt wird. Über sie erfahren wir nur durch ihn und sein Blick auf sie ist verschleiert, verklärt. Für ihn ist sie kein Mensch mehr, wie sie da tagein tagaus am Strand sitzt, sie ist eine Meerjungfrau, eine Nixe. Mit den Schwimmhäuten zwischen den Zehen und dem silberglänzenden Haar ist sie ein Wesen, das seiner Forschung entsprungen sein könnte, sein Beweis dafür, dass Meerjungfrauen existieren. Sie ist zart und blass und wunderschön und irgendwie unerreichbar. Er dagegen ist sich seines Alters bewusst, obwohl er es zu verdrängen versucht, er weiß, was seine Kollegen über seine Hochzeit denken. Seine Gedanken drehen sich fast ausschließlich um sie und was alles passieren könnte. Er hat wahnsinnige Angst davor, sie zu verlieren, durch das Meer oder die Zeit oder einen anderen Mann. Er will sie ganz und gar besitzen und nie wieder hergeben. "Ein Schweben und Pulsieren ringsum, während sich die silbrigen Tentakel ihrer Haare mit denen der Quallen verweben. Nun, da ich sie besitze, kann ich den Gedanken nicht ertragen, auch nur einen Zentimeter ihres Körpers teilen zu müssen, und sei es nur im Traum; wie grausam, dass es Stunden geben soll, aus denen ich ausgeschlossen bin." (Seite 13) Während Richards Wunsch, sie zu besitzen, immer stärker wird, entzieht sie sich ihm immer mehr - sowohl psychisch wie auch physisch. Handlungstechnisch gesehen passiert nicht mehr als das: Richard sitzt in der Hütte, vor sich seine wissenschaftlichen Arbeiten, und beobachtet seine Frau am Strand, die wiederum das Meer beobachtet. Und doch passiert auf den zweiten Blick so viel mehr als das. Oder geschieht das alles nur in Richards verzweifelter Phantasie? Reise nach Orkney schafft es, mich durch seinen poetischen Schreibstil und die Vermischung von Realität und Phantasie zu verzaubern. Letztendlich müssen wir uns selbst ein Bild darüber machen, was wahr ist und was nicht. Ein großartiger Roman, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

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