Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Reise nach Orkney

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Hinter dem Horizont.....

Von: flattersatz
04.09.2016

Sie sind erst wenige Tage verheiratet und auf die Frage, wo sie ihre Flitterwochen verbringen möchte, antwortet sie: ‚Am Meer.‘ Und so legt er ihr die Weiten der Ozeane zu Füßen, die weißen Strände der Paradiese, das tiefblaue Wasser, durch das dereinst Odysseus pflügte…. doch sie will dorthin, wo sie geboren wurde, auf die Orkneys, ans raue, ans wilde, ans unwirtliche Meer, an das Meer, das mit dem Horizont verschwimmt, und das übergeht in den grauen Himmel, das eins macht mit oben und unten, aus dessen Himmel der graue Nebel fällt oder der Nieselregen, der zu leicht ist, um jemals den Boden zu erreichen, an die Küste, um die der Wind fegt und der Sturm tobt und an der Nixen und Elfen ans Land gehen und sich in Menschen verwandeln ….. Es ist eine unwirtliche Gegend, in die das frisch getraute Paar, das erstaunte und anzügliche Blicke auf sich zieht, reist. Anzüglich, denn er, von dem wir nur den Vornamen erfahren, den Namen Richard, ist Literaturprofessor an der Uni, hat sechs Lebensjahrzehnte hinter sich und sie, deren Name uns ganz verschwiegen wird, war seine beste Studentin, fast vierzig Jahre jünger als er ist sie. Was dieser Altersunterschied für den Mann bedeutet – Sackville hält damit im Laufe ihres Buches nicht hintern Berg: die Haut wird trocken, die Zehennägel verwandeln sich in gelbe Hornkrallen, das Herz muss heftig pumpen, weil es auch diese eine Beanspruchung so nicht mehr gewohnt ist. Und über allem thront die Angst um seine junge Frau, die sich in manchmal nur notdürftig getarnter Eifersucht äußert gegenüber jedem männlichen Wesen, das auch nur in die Nähe der Geliebten kommt. Was hingegen seine junge Frau gefühlt hat, sich ihm zu nähern (die Erinnerungen, wer sich im zurückliegenden Jahr wem genähert hat, sind nicht deckungsgleich…) bleibt unscharf, auch wenn sie von Liebe spricht, möglicherweise spielt es eine Rolle, daß sie ihren Vater früh verlor, dieser bestieg eines Tages – sie war noch ein kleines Mädchen – ein Schiff und verschwand… Orkney, eine – sagen wir – rustikale Unterkunft in einer Bucht, bewirtschaftet von der Vermieterin, die auch – wobei sie sich von der Anwesenheit des Paares nicht stören läßt – zum Putzen und Spülen kommt. Er will hier an seinem Buch arbeiten, in dem er sich mit den Mythen und Märchen aus dem 19. Jahrhundert befasst, sie dagegen sucht die Nähe des Wassers, steht stundenlang in der Bucht am Strand, läßt das Meer an ihren Füßen lecken und den ‚Zehen nuckeln‘, ist ein ums andere Mal betört vom Farbspiel der Wolken und des Wassers. Sie wird im Lauf der Tage immer mehr zum Bestandteil einer Komposition, eines Bildes: mitnichten arbeitet Richard an seinem Buch, das im Lauf des Aufenthalts immer mehr an Bedeutung für ihn verliert, vielmehr sitzt er im der Hütte und schaut seiner Frau durch das Fenster, dessen Rahmen immer mehr zu einem Bilderrahmen wird, beim Schauen zu…. Kann er, der alte Mann (was wird mit ihr sein, wenn er in zwanzig Jahren achtzig Jahre alt ist….?) der jungen Frau, ihrer Liebe zu ihm, sicher sein? Seine Liebe wird zunehmend besitzergreifend, überwachend, obsessiv…. sobald sie aus dem Bild, das das Meer, der Himmel, die Bucht und sie malen, verschwindet, gerät er in Sorge, ja Panik, sucht sie atemlos, bis er sie findet.. Es ist nicht so, als gäbe sie ihm keinen Anlass zur Sorge: jede ihrer Nächte ist von Alpträumen durchzogen, das Meer greift in ihnen nach ihr, Ungeheuer werfen ihre Tentakel aus, Wogen überrollen die Klippen auf denen sie steht…. schweißnaß wacht sie auf und er nimmt sie in den Arm, hält sie, tröstet sie, bis sie sich wieder beruhigt… erst und nur in der Sturmnacht schläft sie tief und fest… Sie entgleitet ihm langsam, aber sicher. Immer weniger wird sie fassbar für ihn. Nichts, fast nichts, nur wenige Andeutungen, erzählt sie ihm von ihren Eltern, im Fensterbild verschwimmen ihre Konturen immer mehr und verschmelzen mit der Umgebung; es gelingt ihm nicht, sie zu fotografieren: immer im Moment des Auslösens dreht sie ihren Kopf zur Seite… Nicht nur er, auch sie kennt Mythen und sie erzählt ihm von den Nixen, die in den Vollmondnächten aus dem Wasser ans Land kommen, dort Menschengestalt annehmen und eines Tages wieder zurückkehren in ihr Element. Die ausführliche Besprechung ist unter: https://radiergummi.wordpress.com/2016/09/04/amy-sackville-reise-nach-orkney/ zu finden.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.