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Rezension zu
Zwei Sekunden

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Thriller von hoher Qualität, der keinen Vergleich zu scheuen braucht

Von: Michael Lehmann-Pape
10.09.2016

Zwei Sekunden Unterschied sind es, die den Wagen, in dem die Kanzlerin und der russische Präsident sitzen aus der Gefahrenzone bringen und dafür den folgenden Wagen zerfetzen. Natürlich ist die Wucht der dann einsetzenden Ermittlungen groß und viele Dienste beteiligt, auch smarter, aber abgebrühter russischer Agent gehört zur Einsatzleitung. Irritationen über Kompetenzen, Fragen nach einem Insider, der überhaupt die Route der Kolonne kennen konnte, Ermittlungsergebnisse im Blick auf den Sprengsatz, die Fragen aufwerfen und, ganz am Rande, Kommissar Eugen de Bodt, der mit seinem kleinen, sehr individuell veranlagten, Team von der Kanzlerin persönlich mit ins Boot geholt wird. Mit vielen Freiheiten und wenigen Pflichten. Ein passendes Arrangement, denn auf zwei Dinge kann man sich oberflächlich bereits bei de Bodt verlasen. Er benötigt wenig Motivation von außen. Er beißt sich fest an seinen Fällen, von ganz tief Innen kommt in aller Klarheit „Ich verliere nicht gerne“. Und ebenso kann man sich darauf verlassen, dass sich de Bodt kaum an Regeln halten wird, wenn es wirklich eng wird. Und das seine Intuitionen, seine Risikobereitschaft, seine ganz andere, auf „normale“ Kriminalbeamte überaus provozierend wirkende Gesamthaltung auf seine Art und Weise Bewegung in den Fall bringen werden. „Ockhams Messer“, das ist sein inneres Werkzeug, mit dem er alle abseitigen Erklärungen abschneidet, bis der Kern des Falles vor ihm liegt. „Aber vielleicht war auch alles anders. Und das Messer schnitt die richtige Erklärung weg“. Wie nun aber von Ditfurth diesen de Both und die anderen Figuren des Thrillers anlegt, Merkow, den russischen Agenten, der überaus reflektiert auch die eigenen Wege zu betrachten versteht, Katt, die aus Moskau eingeflogen wird, um mit ganz eigenen Methoden die Rätsel des Anschlags zu lösen, Salinger, die Kommissarin im Team de Bodt, die Nähe und Distanz nur schwer austariert bekommt. Yussuf, der kongeniale Part im Team, der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen trägt, wenn es darauf ankommt aber effizient, kühl und mit seinen vielen Verbindungen jede Hürde einer Ermittlung zum Wanken bringt. Und dazu de Bodt selber. Zwar ist das Motiv eines Eigenbrötlers, eher einsamen Ermittlers mit „Defekten“ nicht neu. Aber so klar, wie von Ditfurth hier einen ganz eigenen Weg beschreitet (nicht im Alkohol oder in Wahnvorstellungen oder Depressionen versinkt dieser Kommissar), wie er die innere Distanz des Ermittlers sprachlich mit hervorhebt, de Bodt seine eigene Gefühlsarmut durchaus interessiert betrachtet und dann doch diffuse Begierden im Hintergrund mitschwingend fühlt, dass ist da eine, was den Leser interessiert und intensiv bei der Stange hält. Und was die Verhältnisse zwischen allen Beteiligten auch in Spannung und mit viel Unausgesprochenem hält. Und das andere ist natürlich die Geschichte selbst. Die einen hohen Realitätsgrad aufweisen wird in der Auflösung, die internationales Format in den Action-Teilen aufweist, in der jeder Satz und jeder Hintergrund passend sich in den Fluss des hohen Tempos und der Atmosphäre einfügt. Mehr Tote wird es geben, lange Zeit wird völlig unklar sein, wo das Motiv liegen könnte. Erpressung, Verrat, Intrigen, Kollegen, die einen bis aufs Blut hassen, Undercover-Aktionen die für hohe Spannung sorgen und, zu den passenden Momenten, eine klare, strikte Härte in der Beschreibung und in dem, was da teils auch an Körperteilen abgetrennt wird, die bis zum Schluss Spannung erzeugen. Schon länger war es von Ditfurts Spezialität, andersartige, individuell gestaltet Figuren in der „Berliner Atmosphäre“ Vorfälle in hervorragendem sprachlichen Stil aufklären zu lassen. Mit de Bodt aber hat von Ditfurt noch einmal „eine Schippe“ draufgelegt und gerade dieser zweite Fall des eigenwilligen Ermittlers braucht keinen Vergleich auch mit international erfolgreichen Thrillern zu scheuen. Ein hervorragender Thriller, der alles hat, um den Leser wie ein Sog an sich zu binden.

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