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Rezension zu
Eine letzte Liebschaft

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Kleine Meisterwerke

Von: Nela
16.11.2016

<i>»Als Mann muss man keinen Verlobungsring tragen, also hast du leicht reden. Ein Mann ist privilegiert, er kann tun, was ihm gefällt.« </i>(S.172) Erster Satz: „Moment mal – ist das nicht dieselbe Division, in der du warst, Lew?“ Betty Miller wandte sich in Erwartung eines aussergewöhnlichen Zufalls mit weit aufgerissenen Augen an ihren Mann und hätte fast ihren Drink verschüttet. Verlagstext: Kein Wort zu viel und trotzdem alles gesagt: Die letzten Erzählungen vom Meister der kurzen Form Richard Yates gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der US-amerikanischen Nachkriegsgeneration, für manche ist er der »missing link« zwischen Tennessee Williams und Raymond Carver. Der Band Eine letzte Liebschaft versammelt die neun letzten noch nicht auf Deutsch veröffentlichten Erzählungen des Autors. Ganz gleich, ob er das unterdrückte Begehren einer Hausfrau in der Vorstadt thematisiert, die Verzweiflung eines Büroangestellten in Manhattan oder das gebrochene Herz einer alleinerziehenden Mutter – niemand porträtiert die Alltagshoffnungen und -enttäuschungen seiner Figuren so schonungslos, doch mitfühlend wie Richard Yates. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim Bloggerportal der Randomhouse Verlagsgruppe für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares bedanken. Meine Meinung: Richard Yates ist bekannt für seine grossen Romane, wie „Zeiten des Aufruhrs“ oder „Cold Spring Harbor“, die zum Teil auch schon verfilmt wurden. Die DVD zu „Zeiten des Aufruhrs“ habe ich sogar bei mir im Wohnzimmer stehen. Umso mehr erstaunt es mich, dass ich noch keines seiner Bücher gelesen habe. Glücklicherweise hat sich dies mit der Kurzgeschichten-Sammlung „Eine letzte Liebschaft“ nun geändert. Diese neun kurzen Geschichten wurden erst in Yates‘ Nachlass entdeckt und auch wenn Yates selbst sie nie zur Veröffentlichung gebracht hat, so ist doch jede für sich ein kleines Meisterwerk. <i>»Ich hatte gar nichts. Sie glaubte, ich hätte alles. Hielt mich für ein Genie. Dachte, ich würde irgendwann ein neuer Sherwood Anderson sein. Wahrscheinlich glaubte sie das immer noch.“« </i>(S.110) Richards Yates Stil zeichnet sich aus durch eine unglaubliche Prägnanz und Beobachtungsgabe, sowie seine sprachliche Präzision. Wie auch im Verlagstext bereits erwähnt, kein Wort ist zu viel und doch ist alles gesagt. Ich persönlich empfinde das als grosse Kunst. Bereits die erste Geschichte vermag den Leser zu fesseln, so dass das keine 200 Seiten starke Büchlein in einem Abend gelesen werden kann. Jede Geschichte steht für sich und doch sind sie thematische alle miteinander verbunden durch den Zweiten Weltkrieg und dessen körperlichen und seelischen Auswirkungen. So spielen die Geschichten zeitlich in der Nachkriegszeit und oft wird als Handlungsort ein Veteranenkrankenhaus oder eine Invalidenstation erwähnt. Gemeinsam ist den Geschichten auch die genaue Beobachtung des menschlichen Miteinanders und der Thematik des Verlassenwerdens. Oft schwingt eine bisweilen fast unerträgliche Melancholie mit, die umschwenkt in eine fast schon süffisante Leichtigkeit. Von einer sich einredenden „Alles ist gut“-Stimmung zur bitteren Erkenntnis, dass es eben doch etwas gibt, das einen unglücklich macht. Diese Gratwanderung gelingt Yates unglaublich gut, so dass seine Geschichten keine Traurigkeit zurück lassen, sondern vielmehr einen fast schon ironischen Beigeschmack haben. Der verlassene Ehemann, der sich Mut antrinkt, um die hübsche Kellnerin anzusprechen, ein Kranker, der in totaler Panik versucht, ein Missgeschick vor seiner Frau zu verbergen oder ein junges Mädchen, dass lernen muss, für sich selbst einzustehen. Yates hat wirklich ein Talent, seine Protagonisten so klar und mit wenigen Worten zu umschreiben, dass man sie als Leser versteht und sie einem in Erinnerung bleiben. <i>»Um die Wahrheit zu sagen… Um die Wahrheit zu sagen, dachte Miller, müsste ich zugeben: von wegen schlechtes Gedächtnis. Ich habe nur das vergessen, was mir nicht wichtig war, und in jener Nacht ging´s allein darum, im Dunkeln zu rennen […].« </i>(S.11) Würde man mich fragen, welches denn nun meine liebste Erzählung ist, so könnte ich keine klare Antwort geben. Ich empfinde das Buch als ein Ganzes, die Geschichten sind thematisch so gut miteinander verwoben und ergänzen sich so wunderbar, dass beim Lesen kein Gefühl von Trennung zwischen den Erzählungen entsteht. Durch diese Form der Kurzgeschichte eignet sich das Büchlein zudem fast perfekt als Bahnlektüre oder für kurze Lesezeiten zwischendurch. Fazit: „Eine letzte Liebschaft“ bietet neun kurze Geschichten, die sich thematisch perfekt aneinander reihen, über das Glück und Unglück im Leben, mit spannenden Protagonisten und Umständen die einen guten Einblick in das Leben im Amerika der Nachkriegszeit geben. Es ist unterhaltsam und perfekt für unterwegs. „Eine letzte Liebschaft“ war zwar mein erstes Buch von Richard Yates, wird aber definitiv nicht das letzte sein. Meine Liebe für Kurzgeschichten wurde wieder entfacht.

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