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Rezension zu
Himbeeren mit Sahne im Ritz

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Juwel der amerikanischen Literaturgeschichte

Von: Thomas Lawall
25.03.2017

Ganz schön vorlaut, die zwanzigjährige Gracie Axelrod. Beheimatet in Minnesotas New Heidelberg, führt sie die heruntergekommene Lokalität ihres Vaters mit viel Herz und ebenso viel Schnauze. Neben dem Ausschank von alkoholischen Getränken versteht sie sich insbesondere auf die Fähigkeit, Hähnchen von "zweifelhafter Herkunft kunstfertig zu braten." Arbeiten würde sie gerne einmal im Blue Ribbon-Kaufhaus, aber nur, um dort kündigen zu können ... Helena, vom Gelde verwöhnt, plagen ganz andere Sorgen. Es ist die langsam aufkeimende Langeweile und Gleichgültigkeit gesellschaftlichen Verpflichtungen gegenüber. Man hat ja kaum noch Zeit für etwas anderes. Hauptsache, es reicht zum regelmäßigen Besuch des Golfplatzes, wo ihr Anblick an "saubere Wäsche, die im Märzwind an der Leine flattert" erinnert. Der materielle Wohlstand ist aber kein Garant für ein glückliches Leben, weshalb eine gewisse Tragik und Melancholie stets mitschwingen. So umgaben den reichen Barry und die arme Caroline bereits zu Beginn ihrer Beziehung eine "tragische Aura". "Sie waren einfach zu perfekt." Auch Larry und Lola, den beiden Musikern, scheint das Glück mit zunehmendem Reichtum zu entschwinden. Generell scheint die "phosphoreszierende Rosigkeit der Reichen und Schönen etwas unendlich Verstörendes" zu haben. Und mit dem "ganzen importierten Aristokratenpack", auf jener Yacht in "Zwei Verrückte", scheint es nicht anders zu sein. Unüberhörbar auch die Ironie in der letzten Geschichte, wobei die Nachhilfelektion in "französischem Taktgefühl" einen interessanten Kontrast hierzu bildet. Zeldas merkwürdig-markanter Stil erlaubt keine allzu weitläufigen Charakterisierungen, Beweggründe oder Geschichte ihrer Hauptdarstellerinnen. Das benötigen diese auch gar nicht. Sie leben in und durch ihre Besonderheit, welche kein Aufbegehren, sondern einfach neue und andere Tatsachen sind. Hin und wieder bricht sie aber aus dem Muster aus, um jene Helena zu beschreiben, welche eine Party nach der anderen zu feiern beliebt, ihr Leben dennoch als öde beklagt: "Die lebhafte Aufregung ... konnte zu einem schwefeligen Leuchten hinter blassen Wimpern abkühlen und in den wachsamen gelbbraunen Augen weiterglimmen, als habe sie nichts mit Helena zu tun." Männer spielen eine marginale Rolle. Sie bereiten allenfalls die Bühne, auf denen sich ihre mehr oder weniger angebeteten Selbstdarstellerinnen bewegen und stellen den materiellen Rahmen. Ein reales Traumtheater ohne eigentlichen Zusammenhang. Was im Moment gelebt und getan wird, ist das Maß. Selbst geniale Väter (und finanzielle Wegbereiter) oder der "berühmteste junge Mann Englands" bleiben gesichts- und namenlos, während die Beschreibung der New Yorker Abenddämmerung in "Das Mädchen und der Millionär" weitaus mehr Beachtung findet. Allein jene belohnt übrigens dafür, das Buch in die Hand genommen zu haben! Ob Zelda Fitzgerald nun wirklich den Zeitgeist der Zwanziger Jahre getroffen hat, wie es der Klappentext verspricht, sei dahingestellt. Das mag für gewisse Kreise gelten, zumindest für solche, die sich einen gewissen Lebensstil leisten konnten. Und wenn, wie auch im Hause Fitzgerald, nicht einmal die gut gefüllte Haushaltskasse ausreichte, dann feierte man halt auf Pump weiter. Ein "Lebensgefühl", von dem ein Großteil der Bevölkerung, welches in Geschichten wie "Ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen" oder "Miss Ella" immerhin gestreift wird, hüben wie drüben sicherlich nur träumen konnte. Derlei Überlegungen vermögen dennoch nicht den Genuss der Lektüre zu schmälern. Trotz manch einer holprigen, wiederholten und unausgewogenen Passage, wie die einer "sehr jungen Frau mit sehr sauberen Ohren", bleibt eine quicklebendige Erinnerung an die Frau an F. Scott Fitzgeralds Seite und an zwei Menschen, die einst dachten, selbst nur Romanfiguren zu sein. Zelda Fitzgerald erfährt eine späte Würdigung ihres literarischen Schaffens, und zwar nicht nur, weil ihr Werk nunmehr unter ihrem eigenen Namen erscheint. Immerhin, und ein Juwel der amerikanischen Literaturgeschichte sowieso.

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