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Rezension zu
Hexensaat

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Der Sturm im Sturm

Von: Michael Lehmann-Pape
31.07.2017

Er ist ein großer Theatermacher. Und er hat ein noch größeres Leid zu tragen. Eine gute Idee somit, das Leid zu bearbeiten und zu verarbeiten, indem er das tut, was er am besten kann. Ein Stück zur Aufführung bringen. „Die Ärzte taten, was sie konnte. Jede Plattitüde wurde aufgefahren“. Doch das wird eine ungeahnte Pause von 12 Jahren bedürfen und dann auch an einem Ort und mit „Schauspielern“ langsam, aber sich Gestalt annehmen, die sich Felix Philips so nicht vorher gedacht hätte. „Dieser heimtückische, hinterhältige Scheißkerl“. Und das ist er. Der vormalige Vertraute und aktuelle Verräter und Karriererist. Wobei es ganz gut ist, dass 12 Jahre vergangen sind. Vielleicht kann er so eine Weile noch unerkannt bleiben auf seinem Weg der „Rache“ einerseits und der „inneren Wiederbelebung“ andererseits. Vielleicht wird „Der Sturm“ von Shakespeare ihm Gelingen, ganz vielleicht sogar echten Frieden bringen. Und während man dem Unglück des „Felix“ (lateinisch: „Der Glückliche“ folgt, miterlebt, wie er mitten im Schaffen „ausgebootet“ wird und umgehend ein „Refugium“, eine „Insel“ findet, erinnert man sich, dass in Shakespeares „Der Sturm“ der Held Prosperos auch 12 Jahre auf einer Insel verbrachte. Und ebenfalls zuvor von einem engen Vertrauten, im Sütck vom eigenen Blut, und, wie im Buch nun auch, von je dessen „Gönner“ zunächst gründlich aus dem Spiel genommen wird. Atwood gestaltet das Buch wie die Handlung wie das zur Aufführung kommende Stück im Buch im Gesamten nach „Der Sturm“. Verlegt die Handlung in die „moderne Welt“ und ist wunderbar in der Lage, sowohl die formalen Aspekte (Orte, Personen und Ereignisse“ völlig neu zu füllen und je zu übertragen, wie sie sorgsam auch der inneren Dramatik des Stückes nachgehet, hier das Leiden ihres Felix ein wenig steigert, dort die „Insel“ ein wenig glättet und so alle Protagonisten in bester Weise Schritt für Schritt „antreten“ lässt zur großem Aufführung und zum ebenfalls wunderbar passend gestaltetem Finale. Mit all de Bildern eines realen Gefängnisses, eines inneren Gefängnisses (Trauer), eines inneren Exils, mit den Mitteln der Täuschung, der Illusion, der Doppelbödigkeit agieren alle Beteiligten. Atwood in ganz klarer und mitreißender Sprache, Shakespeare im Aufbau seines Stückes und an dessen Ende mit der Bitte um Applaus und damit Erlösung aus der Unsicherheit und Felix mit seinem Weg zur neuen Reputation, vor allem aber zum inneren Frieden in seiner Trauer. Die ihn in Kontakt zur „Geisterwelt“ bringt und erst am Rande des Wahns ihn in die Welt zurückführt. Geändert, aber nicht geläutert, zunächst. „Lavinia, Julia, Cordelia, Perdita, Marina. All die verlorenen Töchter. Einige von ihnen wurden wiedergefunden, warum nicht auch Miranda“? Was dennoch schwer erden wird, denn Töchter können ja auf verschiedene Weise verschwinden. Und je nachdem den Vater vor fast unlösbare Aufgaben stellen. Was wiederum den Leser interessiert, animiert, sich der Frage mit anzuschließen,, ob und wie das Felix im Buch wohl unter diesen konkreten Umständen gelingen kann. Und so spielt es am Ende keine Rolle, ob Insel oder Gefängnis, ob Unwetter oder Schneesturm, ob lebendig oder tot, ob Bruder oder Günstling, eng folgt Atwood dem Faden des Stückes und jede Seite kündet von ihrer gelungenen Mission, den Geist Shakespeares in die moderne Welt zu übertragen. Ein hervorragender Roman mit vielen Ebenen, ebenso vielen menschlichen Erkenntnissen, sprachlich hervorragend umgesetzt und mit einigen eigenen Schwerpunkten versehen.

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