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Rezension zu
Der Weg des Inquisitors

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Low Fantasy mit erwachendem Bösen

Von: Fried Phoenix
03.08.2017

Ich muss gestehen, dass mich das Christentum nicht interessiert. Zumindest nicht in dem Maße, dass ich mir einen Roman zu diesem Thema antun würde. Mit diesem Buch allerdings war es irgendwie anders. Nicht etwa, weil es (Low) Fantasy ist, denn dass es sich um dieses Genre handelt verrät der Klappentext kaum. Auch das Cover kann nicht als Schuldiger herangezogen werden, denn der Herr auf dem Bild wirkt nicht sonderlich spannend. Was war es dann? Ich tippe fast auf göttliche Eingebung. Aber nur fast. Der Weg des Inquisitors beschreibt den steinigen Weg des Waisen Torin von einem unbedeutenden Klosterjungen am Rande der zivilisierten Welt zu einem (baldigen) Inquisitor. Man lernt ihn als zielgerichteten, etwas sturen Jungen kennen, der seinem Alter weit voraus ist. Von profaner Herkunft, würde er sich seinen Traum, eines Tages als Inquisitor der heiligen Kirche zu dienen, kaum erfüllen können. Und doch rückt genau dieser Traum in greifbare Nähe, als er Inquisitor Balosta kennenlernt und ihn derart beeindrucken kann, dass dieser sich seiner annimmt. Dass sich der Roman zumindest ab der zweiten Hälfte Torins Werdegang als Inquisitionsschüler widmet möchte ich euch hier nicht verschweigen. Es ist essentieller Teil der Geschichte, obwohl ich aufgrund des Klappentextes Anderes erwartet hatte. So jedoch hat es etwas von Harry Potter meets Kriegerakademie minus Quidditch. Das ist nicht per se etwas Schlechtes, allerdings schadet es nicht zu wissen in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt. Während all der Zeit wird deutlich, dass das Hexentum nicht nur in den verworrenen Köpfen der Kirche existiert, sondern tatsächlich realen Schrecken birgt – wenngleich in etwas anderer Form als wir es kennen. Es ist der alte Feind, der sich langsam aber sicher wieder aus dem Sande erhebt. Und er ist alles andere als freundlich gesinnt. Diese dunkle Macht entfaltet sich erst langsam im Laufe der vielen Seiten und gipfelt in… nein, hier werden keine Spoiler stehen. Nur der dezente Hinweis darauf, dass es sich hier um den Start einer Buchreihe handelt. Rehfeld hat eine Welt kreiert, die sich stark an unser „dunkles Mittelalter“ mit seiner christlichen Inquisition, dem Hexenverfolungswahn und der Mentalität anlehnt, sich dabei jedoch die ein oder andere kreative Freiheit nimmt. Die Strukturen innerhalb dieser fiktiven Religion sind der des Christentums sehr ähnlich; so ähnlich, dass er sich der Begrifflichkeit bedient. Eine gute Wahl, denn sonst würde man in dem sonst entstandenen Benennungswirrwarr vielleicht verloren gehen. Allzu viel Kreativität findet man an dieser Stelle nicht, doch manchmal ist es das Einfache, was zu gefallen weiß. Manchmal braucht es keine fancy Begriffe, tiefgründige Völker oder funkelnde Zauber, um das Interesse zu wecken. Im Gegenteil: Manchmal lenkt das zu sehr von der eigentlichen Geschichte ab. Die leise Andeutung des Bösen und die Entfaltung dessen hat mir sehr gut gefallen und die schmucklose Weltenkreation lenkt den Fokus geschickt auf diese Komponente. Die meiste Zeit über wird aus Torins Sicht beschrieben. Wenige andere, wie zu Beginn Inquisitor Balosta und eine spätere Mitschülerin, bekommen ebenfalls eigens erzählte Passagen, doch bleibt Torin im Mittelpunkt. Diese Perspektive ist grundsätzlich gut gewählt, begleitet man ihn doch über Jahre der Ausbildung. Leider ist mir Torin absolut nicht sympathisch. Er ist engstirnig, egoistisch, zu großartig in dem, was er tut und zu allem Überfluss wird die Charakterbildung seiner selbst nur unzureichend erläutert, wirkt an einigen Stellen nicht ganz rund. Wichtige Aspekte werden später einfach so eingeführt, ohne dass sie vorher zur Sprache kamen. Auch die ihn begleitenden Figuren sind zum größten Teil stereotyp. Wir haben den gestrengen, aber nichtsdestotrotz väterlich-freundlichen Mentor, die – natürlich – hübsche Zicke, den gutmütigen Pummel und ein paar mehr, die zwar an sich alle recht sympathisch sind, deren Abziehbildcharakter jedoch schade ist. Am schlimmsten wird dies tatsächlich bei den Antagonisten deutlich. Zwei Jungen – nennen wir sie, hm, Draco 1 und Draco 2 – einer Familie – benennen wir sie nach dem rein zufällig gewählten Namen Malfoy – , gegen die Torin aus Gründen vor Gericht ausgesagt hat, stellen sich selbstverständlich von Beginn an gegen ihn, ebenso einer der Lehrer. Dieser – nennen wir ihn einfach mal Snape – schikaniert ihn natürlich ausgerechnet in dem Fach, in dem Torin am schlechtesten ist. Dass Snape dabei gegen einiges verstößt, wofür die Kirche steht, nämlich dem Abwenden von weltlichen Dingen und Lossagen der eigenen Familie zugunsten der göttlichen Familie, scheint ihm dabei völlig egal. Nebenbei gesagt scheinen die Malfoys allgemein nicht angesehen, werden also einige weitere Feinde, Missgünster und Abgeneigte vorzuweisen haben. Natürlich strömt der Hass aber, typisch dieser Stereotyp, gebündelt gegen einen kleinen Jungen. Das ist so vorhersehbar wie nervtötend, zumal sich dieser Zwist über erzählte Jahre hinzieht. Sagte Torin im Buch noch, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gäbe, zeigen die Malfoys hier das Gegenteil. Den Plotstrang rund um diese Familie fand ich beim Lesen derart lästig, dass ich das Buch mehrfach fast abgebrochen hätte. Ein Roman wie eine Hängebrücke: Er beginnt frisch und spannend, sackt dann ab bis tief in den Sumpf der Stereotype und schafft es am Ende doch noch, das Interesse zu wecken und fröhlich auf die nächste Etappe zu warten. Dass sich der Plot über einen längeren Zeitraum erstreckt und an sich nicht viel Weltbewegendes geschieht ist kein Manko, hätte sogar eine Stärke sein können, wenn mehr Brillanz in Torins Entwicklung gesteckt hätte. Nichtsdestotrotz hat mir Rehfeld die fiktive Inquisition schmackhaft gemacht und mich über weite Strecken hinweg gut unterhalten. Die Welt ist angenehm unaufgeregt, die Figuren größtenteils immerhin sympathisch und die antagonistische Macht erscheint mir vielversprechend. Es ist kein großartiger Roman, allerdings auch beileibe kein schlechter.

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