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Rezension zu
Schattenmänner

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Überaus eigenwillige Ermittler

Von: Michael Lehmann-Pape
31.08.2018

„Ich gehe eine rauchen. Mit euch hält es ein wahrer Muselman nicht aus. Sündenpfuhl“. Wobei Yussuf, Teil der Ermittlergruppe von Hauptkommissar de Bodt in Berlin, eigentlich nur ein wenig Hegel einfließen lassen wollte (analog zu seinem Chef, ein wandelndes Philosophie-Lexikon) in den losen Austausch zum Stand der Ermittlungen im Mordfall der Ex (oder auch nicht Ex?) Geliebten des Innenministers. Bayer. Und unschwer zu erkennen, dass lebende Personen hier als Vorbild dienen. „Götterdämmerung“ ist das Thema, denn die attraktive Frau, aktuell übrigens schwanger (nicht zum ersten Mal), ist tot. Ermordet. Und damit steht sie beileibe nicht alleine da. Berlin. Paris. Quimper. Düsseldorf. Morde. Überfahren von einem Lieferwagen, erschossen, erstochen, verschiedene Todesarten und drei Ermittlerteams, die jeweils ihre Mühe haben, auch nur einen Hauch Licht in diese Morde zu bringen. Wobei die Fäden irgendwann bei de Bodt zusammenlaufen werden. Denn zunächst, augenscheinlich, gibt es nichts Verbindendes zwischen den opfern als die Mitgliedschaft in einer Gruppe von „Katzenliebhabern“ auf Facebook. Und selbst, als de Bodt das erste Geständnis eingesammelt hat, ergeben sich letztlich mehr Fragen als Antworten. Bis eine weitere Gemeinsamkeit langsam an die Oberfläche der Ermittlungen gerät und de Bodt die Entscheidung zu treffen hat, die üblichen Pfade offizieller Ermittlungen zu verlassen, um dem Hintermann, den Hintermännern (oder Frauen) der Verbrechen auf die Spur zu kommen. Wobei der neuen Thriller von Christian von Ditfurth, wie bei ihm immer schon Markenzeichen gesetzt, nicht nur durch die Spannung der Ermittlungen und die Frage, wer hinter allem steckt und was das wahre Motiv sein könnte, überaus lebendig daherkommt, sondern vor allem durch die Vielzahl teils skurriler (aber nie zu unterschätzender) Protagonisten und ihrer Verhältnisse unterineinander hervorragend unterhält. Zwar verblasst irgendwann der Reiz an den ständigen Zitaten de Bodts ein wenig (wobei ein Kommissar, der als Bettlektüre Lukrez wählt und mit seiner klassischen Bildung sein Umfeld immer wieder auf den allgemeinen „guten Pfad“ des Lebens hin orientiert), was aber nicht weiter stört, denn es gibt ja genügend andere, die umgehend in kleinere Lücken vorstoßen. Sei es Hauptkommissar Lebrane in Paris, der nicht nur in die Bretagne aufbrechen muss, sondern auch in seinem Untergebenen Floire so etwas wie eine Prüfung des Lebens (und seiner an sich schon griesgrämigen Laune) ständig um sich hat. Sei es die Besitzerin des Stammcafés der Ermittler in Berlin, die bestens symbolisch passend gerne mit „Bruchkeksen“ de Bodt und sein Team daran erinnert, dass alle Fälle zunächst aus Bruchstücken bestehen und man sich gefälligst anstrengen muss, das Bild hinter den Einzelteilen mehr und mehr zusammenzusetzen. Wozu vielleicht auch jene Frau und jener Mann beitragen könnten, die sich ihrer Haut zu wehren haben und dies konsequent versuchen, zu tun. Es könnte gut sein, dass der Grund, aus dem die beiden verfolgt werden und alles dafür tun, unterzutauchen, für die Hintergründe der Morde interessant wäre. „Das Ziel ist die Einsicht des Geistes in das, was das Wissen ist“ (Hegel). So ergibt sich insgesamt ein legerer Erzählton, ein ausgeprägter Sinn für Humor und Ironie, ein hin- und her Werfen der Bälle zwischen den Beteiligten, zudem je ganz eigene Herangehensweisen und Ermittlungstechniken, die nicht immer im Handbuch der Polizeiarbeit zu finden sein werden und ein durchaus anregender und spannender Fall, der mit einigen überraschenden Wendungen, Action zur rechten Zeit und einem überzeugenden Schluss versehen ist. Eine anregende und in sich stimmige Lektüre, die wieder einmal das menschlich schräge und inhaltlich schlüssige Erzähltalent von Ditfurths aufzeigt.

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