Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Fürchte den Donner

Jim Thompson

(2)
(0)
(0)
(1)
(0)
€ 9,99 [D] inkl. MwSt. | € 9,99 [A] | CHF 15,00* (* empf. VK-Preis)

Inhalt: Nebraska, Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Ort, eine einflussreiche Familie, dutzende Verstrickungen. Verdon, die Fargos und viel Leid wie auch Irrsinn. Meine Meinung: Ein Roman, bei dem es schwer fällt, den Inhalt zusammenzufassen, denn einen wirklich roten Faden gibt es nicht. Überhaupt ist das Buch so ganz anders als erwartet. Man sollte sich vom Label "Hardcore" nicht blenden lassen. Es erwartet einen kein Thriller oder Krimi oder gar ein schockierender Horrorroman, wie es das Vorwort erahnen lässt. Der Horror liegt hier im Leben. Man folgt einer Familie Anfang des 20. Jahrhunderts und ihre Bemühungen, ihr persönliches Glück zu finden. Lincoln Fargo, der Patriarch, hat es für sich gefunden, wenn auch mit Einschränkungen. Oder doch überhaupt nicht? Seine Frau verfällt langsam den Wahnsinn, verkauft die Farm an Gott. Ein Anwalt aus der Stadt wiederum verklagt Gott daraufhin. Es ist ein Netz aus Irrsinn und Verzwickungen, jede Geschichte nur durch einen Hauch mit der anderen verbunden - und doch unheimlich interessant. Jim Thompson KANN schreiben. Anders lässt es nicht erklären, dass man bei solch banalen Storylines wie gebannt am Lesen ist, sich fragt, was nun wieder passiert und ob das Ganze in einem grauenhaftem Ende gipfelt - oder ob doch jemand es schafft, dem allen zu entrinnen. Ein Roman über das Familienleben, das Erwachsenwerden, den Kampf und alles, was damit zusammenhängt. Das Ringen um Glück. In deutlicher Sprache, und zu einer Zeit, in der alles anders war als heute. Ein faszinierender Roman, wenngleich ich meine Gedanken dazu gar nicht wirklich in Worte fassen kann, ohne zu viel zu verraten. Denn jedes Schicksal hat seine eigene Note in diesem Buch. Man darf kein Buch der Marke "Festa-Extrem" oder dergleichen erwarten, hier schwingen die ruhigen Töne, der leise Horror durch die Seiten. In einer Zeit, in der es nur noch ums Schocken geht, in dem die Leser genau das erwarten, ist dieser Roman eine herrliche Abwechslung. Denn der Horror ist allgegenwärtig. Nur sieht er für jeden anders aus.

Lesen Sie weiter

Nachdem Lincoln Fargo in die Armee der Union nur deshalb eingetreten war, weil er dafür bezahlt wurde, ist er nach seiner Entlassung als Full Sergeant zu der Überzeugung gelangt, dass ein Mann nicht mehr Freiheit bekam, als er sich selbst erarbeitete. Er zog zurück nach Ohio, lernte bei einem seiner Maurerjobs die Dienstmagd auf der Farm kennen, heiratete sie und machte mit ihren Ersparnissen sein erstes eigenes Geschäft auf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist er der Patriarch des Fargo-Clans im ländlichen Verdon, der es durch zwielichtige Geschäfte zu tausend Morgen besten Nebraska-Tieflands gebracht hat. Doch seine Herrschaft beginnt zu bröckeln, als seine Frau Pearl das Fargo-Vermögen einem Vertreter Gottes auf Erden vermacht, sein jüngster Sohn Grant sich mit seiner Cousine Bella vergnügt und seine Tochter Edie als Lehrerin mitansehen muss, wie einer ihrer polnischen Schüler von dem Bankangestellten Alfred Courtland fast zu Tode gepeitscht wird. Währenddessen muss Sherman Fargo die Nachricht verarbeiten, dass er für seine hundertsechzig Morgen Land, auf der nur eine kleine Hypothek liegt, keinen neuen Kredit bekommt, um sich einen Mähdrescher kaufen zu können. Schließlich überschatten Verrat, Diebstahl, Krankheit und Tod das Schicksal des Fargo-Clans. Nach einer erschütternden ärztlichen Diagnose und Bellas Tod ist Lincoln am Ende seiner Kräfte. „Er wünschte, es gäbe einen Weg, Grant zu hängen, ohne dass der Name Fargo beschmutzt würde. Hinter dem Schatten eines Zweifels wusste er, dass sein Sohn des Mordes schuldig war. Damit war auch sein letztes bisschen Stolz gestorben, und es gab nichts, womit er sich vormachen konnte, es wäre anders. Und jetzt war nur noch sehr wenig übrig, so furchtbar wenig von dieser überbordenden Handvoll Energie, mit der sein Leben einst begonnen hatte.“ (S. 339) Nur der allseits beliebte Rechtsanwalt Jeff Parker scheint seinen Weg zu gehen. Aus ärmlichen Verhältnissen kommend, wurde er von Rechtsanwalt Amos Ritten in seine Praxis aufgenommen und übernahm diese, als Ritten zum Richter des County gewählt worden war. Parker lässt sich zum Senator wählen und sich – bei großzügiger Anerkennung – für die Belange der Eisenbahn einspannen … Vier Jahre nach seinem Debütroman „Jetzt und auf Erden“ erschien 1946 mit „Fürchte den Donner“ der zweite Roman von Jim Thompson, der zehn Jahre später mit Stanley Kubrick zusammenarbeiten sollte und dessen Werke anschließend von Filmemachern wie Sam Peckinpah („The Getaway“), Burt Kennedy („The Killer Inside Me“), Bertrand Tavernier („Coup de Torchon“) und Stephen Frears („The Grifters“) adaptiert worden sind. „Fürchte den Donner“ liest sich wie ein klassischer Depressionsroman. Er schildert die Nöte der Farmer, die Ernten und das Vieh durchzubringen, ihre Abhängigkeit von den Banken, die kläglichen Versuche der Fargo-Söhne, jenseits der Arbeit auf der Farm in den Städten zu Geld zu kommen, wo sie aber ebenso schnell ersetzt wie schlecht bezahlt werden. Thompson thematisiert aber auch die Konflikte zwischen den Amerikanern und den Siedlern. Während die Deutschen und Skandinavier hoch geachtet waren, hatten die Amerikaner nur Spott und Abscheu für die sogenannten Hunkies und Rooshans, die Polen, Böhmischen und Russen, übrig. Er schreibt von den Verlockungen des Geldes, der Verbreitung der Eisenbahn und dem beginnenden Straßenbau, von schmutzigen Körpern, verbotenen Gelüsten, Alkoholsucht und Geschlechtskrankheiten. Seine Figuren hoffen vergeblich auf Erlösung, sterben an Krankheiten, die sie ihrer Sünden zu verdanken haben, oder für Verbrechen, die andere begangen haben. Thompson beschreibt die Szenen der Gewalt, des Gestanks und des Drecks so plastisch, als wolle er die Leser an dem Leid, an den Wunden und den schmutzigen Umständen seiner Figuren teilhaben lassen. In seinem klugen Nachwort beschreibt Thomas Wörtche Thompson als „Vertreter einer Fundamentalopposition zu optimistischen Menschenbildern“. James Ellroy, einer seiner glühendsten Bewunderer, der auch für das Vorwort der deutschen Erstausgabe verantwortlich ist, beschreibt „Fürchte den Donner“ als Hybrid von Ma und Pa Kettle, Dostojewski und Steinbeck. Es ist vor allem aber eins: ein grollendes Meisterwerk durch das dunkle Kapitel der amerikanischen Modernisierungs- und Siedlungsgeschichte, das niemanden unberührt lässt.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.