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Rezension zu
Nichts weniger als ein Wunder

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Großartiges Erzählepos mit außergewöhnlicher sprachlicher Fingerfertigkeit

Von: Lesendes Federvieh
17.03.2019

Nach dem Tod ihrer Mutter Penelope und dem Fortgang ihres Vaters leben die fünf Dunbar-Brüder nach ihren eigenen Regeln in ihrem Haus in der Archer Street. Jeder einzelne von ihnen trauert, liebt, hasst und sucht, in der Hoffnung mit der Vergangenheit abzuschließen, die Wahrheit zu finden und zu vergeben. Der Zweitjüngste ist es schließlich, der angetrieben von Erinnerungen an ihren tragischen Verlust den Stein ins Rollen bringt, indem er beschließt eine Brücke zu bauen. Eine Brücke, die aus ihm gemacht ist, die Vergangenheit überwindet und einen Versuch wagt die Familie zu retten - nichts weniger als ein Wunder. Nach dem riesigen Erfolgt des Weltbestsellers "Die Bücherdiebin" mussten wir einige Jahre auf ein weiteres Buch aus der Feder von Markus Zusak warten, doch nun ist sein neues Meisterwerk der Erzählkunst endlich da. Es bedurfte nur weniger Worte und schon hatte mich "Nichts weniger als ein Wunder" vollkommen in seinen Bann gezogen. Die Geschichte beginnt mit einem Anfang von vielen, einem alten Klapperkasten, einer Schlange, einem Hund und nicht zuletzt mit Matthew, dem ältesten der fünf Dunbar-Brüdern, der aus der Ich-Perspektive die Geschichte seiner Familie und vor allem die seines Bruders Clay erzählt. Es ist eine mitreißende, hochgradig emotionale Geschichte von Verlust, Trauer und Schuld aber auch von Neuanfängen, Hoffnung und Liebe, sie handelt vom Brückenbauen, Pferderennsport und nicht zuletzt von Familie und Zusammenhalt. All das ist mit außerordentlicher sprachlicher wie erzählerischer Fingerfertigkeit fein in einen Kokon eingewoben, dessen umhüllender Wärme man nur äußerst ungern verlässt. Markus Zusak ist wahrlich ein Meister der Metaphern, was er mehrmals eindrucksvoll unter Beweis stellt. Meine persönliche Highlights waren jedoch die unnachahmlichen Szenenwechsel, die eine ungeheure Faszination auslösten, denn beinahe schon fließend gelingt die Überleitung von einer Ebene der Vergangenheit in die nächste. Im einen Moment beschreibt Matthew die helle Röte des abgehusteten Blutes, welches sich als Warnzeichen für die sich verschlimmernde Krankheit der Mutter abzeichnete, nur um darauf den Wert seines Blutes mit dem ihren zu vergleichen, das er in einer zugleich sinnlosen wie unumgänglich wegweisenden Prügelei vergossen hatte. Er erkennt die Poesie in den alltäglichen Dingen und drückt diese in glasklarer Sprache aus, so wird Penelopes Vater, die Statue von Stalin, nicht einfach nur äußerlich alt, sondern "sein Schnurrbart nahm die Farbe von Asche an." (S. 86). Oder auch die Beschreibung der letzten Minuten seiner Großmutter, auf deren Schreibmaschine Matthew die Geschichte der Dunbar-Brüder tippt: "Sie war am Esstisch gestorben, vermutlich am späten Abend. Sie hatte gerade einen letzten Brief an eine Freundin getippt. "Sieht so aus, als hätte sie ihn fertig geschrieben, ihre Brille abgenommen und den Kopf neben die Remington gelegt", sagte er. Es war traurig und schmerzhaft, aber wunderschön. Eine letzte tödliche Buchstabenfolge. Ein hart gesetzter Schlusspunkt." (S. 274). Die überwältigend treffsichere Präzision, die jeder Formulierung, jedem Wort innewohnt, ist von erstaunlicher Eindringlichkeit und brennt sich ins Gedächtnis ein. Bemerkenswert sind auch die unvorhersehbaren Wege, die die Erzählung geht, denn es ist nicht bloß die Geschichte von fünf Brüdern, deren brutale wie liebenswürdige Kabbeleien herrlich amüsant und rührend zu lesen sind, vielmehr fließen zahlreiche Handlungsstränge von Penelopes Flucht aus Osteuropa über Careys Faszination für den Pferderennsport bis hin zu Clays zunehmender Begeisterung für den Brückenbau zusammen zu einer großartigen Erzählung, von der man sich wünscht, sie würde nie zu Ende gehen. "Nichts weniger als ein Wunder" ist ein zeitloses wie großartiges Erzählepos über die fünf Dunbar-Brüder, von denen einer auszog, um in vielerlei Hinsicht eine Brücke zu bauen. Mit außergewöhnlicher erzählerischer sowie sprachlicher Fingerfertigkeit hat sich Markus Zusaks Geschichte von Verlust, Zusammenhalt, Hoffnung und Neuanfängen geradewegs in mein Regal der Lieblingsbücher geschrieben.

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