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Rezension zu
Der Turm der toten Seelen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein ungewöhnlicher, aber sehr intensiver Schwedenkrimi

Von: Büchermonster
29.03.2015

„SCHWEDEN MUSS STERBEN.“ Wenn ein Thriller schon mit derart drastischen Worten beginnt, deutet vieles auf einen düsteren, knallharten und schonungslosen Roman hin – und in gewisser Weise ist „Der Turm der toten Seelen“ von Schwedens neuem Autoren-Jungstar Christoffer Carlsson dies auch, allerdings sicherlich auf andere Weise als womöglich erwartet. Wie viele seiner schreibenden Landsleute zeichnet auch der 28-jährige Carlsson kein allzu glorreiches Bild seiner Heimat: Heruntergekommene Stadtteile mit von Graffiti beschmierten Häusern, sozial schwache und zerrüttete Familien, Drogenmissbrauch, mit Alkohlabstürzen verbundene Depressionen, demütigendes Mobbing und brutale Schlägereien an Schulen – wer in nächster Zeit einen Abstecher in den hohen Norden plant, sollte dieses Buch vielleicht besser nicht zu seiner Urlaubslektüre machen. Eine derart trostlose Atmosphäre und eine eher deprimierende und abschreckende Wirkung ist für einen Schwedenkrimi nun wahrlich nichts neues und gehört praktisch genauso zum Einmaleins wie der problembehaftete Ermittler, den auch Christoffer Carlsson in den Fokus seiner Geschichte stellt. Dabei war der 33-jährige Leo Junker gerade noch ein aufsteigender Stern bei der Abteilung für Interne Ermittlungen der Stockholmer Polizei, doch ein kapitaler Fehlschlag hat seine Bilderbuch-Karriere von einem Moment auf den anderen zum Einsturz gebracht – nun dominieren Einsamkeit, Trübsal, Tabletten, Alkohol und Panikattacken seinen Alltag. Wo soll das nur hinführen, wenn schon der junge Polizeinachwuchs ähnlich abstürzt wie die alten skandinavischen Ermittlerhasen Kurt Wallander oder Harry Hole… An dieser Stelle könnte man „Der Turm der toten Seelen“ bereits als uninspirierten 08/15-Krimi beiseite legen, damit würde man aber meiner Meinung nach einen der originellsten Vertreter des Schwedenkrimi-Genres verpassen. Ich habe in meinem Leben schon unzählige Thriller und Kriminalromane gelesen, doch ein Aspekt wird in Bezug auf die Protagonisten so gut wie nie beleuchtet: Wie diese überhaupt aufgewachsen sind und wie aus ihnen der (oft gebrochene) Mensch wurde, der sie nun sind. Während also im Haupt-Handlungsstrang in eher gemächlichem Tempo die Ermittlungen Leo Junkers im Prostituierten-Mord voranschreiten, hat der zweite Teil des Buches fast den Charakter eines Jugendromans und stellt den heranwachsenden Leo in den Mittelpunkt der Geschichte, der im sozialen Brennpunkt Salem, einer der weniger freundlichen Ecken Stockholms, aufwächst und dabei nicht nur mit den normalen Problemen des Erwachsenwerdens kämpft, sondern auch die brutale Härte des Vororts am eigenen Leib zu spüren bekommt. Dass diese Rückblicke auf Junkers turbulente Jugend nicht nur zur Charakterisierung des Ermittlers dienen, sondern auch eine bedeutende Rolle bei dessen aktuellem Fall spielen, wird dabei schnell klar – wie im Übrigen auch die Tatsache, wer für den Mord in Leos Wohnhaus verantwortlich ist. Diese frühe Auflösung tut dem Lesevergnügen – wenn man dies bei einem derart deprimierenden und desillusionierenden Roman überhaupt so bezeichnen kann – aber keinen Abbruch, denn „Der Turm der toten Seelen“ ist ohnehin weniger als Whodunit-Krimi, sondern vielmehr als bitteres Psychodrama und erschütternde Gesellschaftsstudie angelegt. Christoffer Carlsson schlägt beim ersten Band seiner Leo-Junker-Reihe zwar eher leise Töne an, diese sind aber nicht weniger wirkungsvoll. Wer sich nach unzähligen Skandinavien-Thrillern also mal nach einem etwas anderen Schwedenkrimi sehnt, der dürfte hier ohne Frage fündig werden. Dieser Auftakt macht auf jeden Fall Lust auf die weiteren Bände der Reihe – der zweite Teil „Schmutziger Schnee“ wird hierzulande im Oktober 2015 erscheinen.

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