Rezension zu
Der Verräter
Ein Spiegel der Gesellschaft
Von: aufgeblaettertesPaul Beattys Protagonist lebt im verkommenen Viertel Dickens in Los Angeles. Einst war Dickens eine eigene, annehmbare Stadt. Diese will er wieder zum Leben erwecken und beginnt damit, die Stadtgrenzen mit weißer Farbe nachzuziehen. Das hat erste positive Effekte für das Gemeinschaftsgefühl. Mit der Zeit stellt er fest, dass auch die Stadtbewohner sich verändern, als er Zufall um Zufall auch die Rassentrennung wieder einführt. Zumindest deklariert er sie auf Schildern, denn Weiße gibt es in Dickens eh kaum. Plötzlich benehmen sich die Menschen in der Öffentlichkeit anständiger und die ehemalige Brennpunktschule steigt zu einer angesehenen Bildungseinrichtung auf. Gelingt es also, die Stadt Dickens wieder auferstehen zu lassen? Puh! Starker Tobak, wie schon die Inhaltsangabe verrät. Mich hat das Buch sehr verstört. Es ist so absurd, zu lesen wie jemand für Rassismus kämpft, unter dem er selbst leidet. Die Sprache ist schonungslos und der Stil sehr schnell, was vielleicht gerade in der Übersetzung ungewöhnlich wirkt. Der Text ist außerdem sehr dicht, sodass ich manchmal nicht ganz mitkam. Dennoch konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen. Gerade die Beiläufigkeit der Entwicklungen hat mir gefallen. Es gibt keinen verrückten Plan, die Rassentrennung wieder einzuführen, sondern die Handlung stolpert Stück für Stück in diese Richtung. Es gibt Bezüge zur schwarzen Bürgerrechtsbewegung bis zu Obama (und sicher noch viele mehr, die ich nicht erkannt habe). Das verdeutlicht: Die Geschichte mag fiktiv sein, aber nicht die Welt, in der sie spielt und der Paul Beatty hier den Spiegel vorhält. Ein Buch, was mich nachdenklich macht und sprachlos zurück lässt.
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