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Rezension zu
Der Turm der toten Seelen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Der unsichtbare Mann von Salem

Von: WortGestalt
31.03.2015

Es brauchte ein wenig, bis ich mit diesem Buch warm geworden bin. Bis sozusagen das Eis gebrochen war. Schwedisches Eis kann aber auch ganz schön dick sein. Aber es trägt eben auch gut. Ein Vorteil, wenn es darum geht, eine schwere Geschichte zu transportieren. "Der Turm der toten Seelen" heißt im schwedischen Original "Den osynlige mannen från Salem", was auf deutsch so viel bedeutet wie "Der unsichtbare Mann von Salem". Ein Titel, der vielleicht nicht ganz so verkaufskräftig ist, dafür aber inhaltlich durch seine Treffsicherheit besticht. Denn dieser unsichtbare Mann ist eines der Standbeine dieser Geschichte. Und ich werde hier kein einziges Wort über ihn verraten. Das zweite ist Leo Junker, Polizist in Stockholm in der Abteilung für interne Ermittlungen. Sehr früh wurde er auf diesen Posten berufen. Sehr schnell kam dann die Suspendierung. Bei einem Großeinsatz, der aus dem Ruder lief, hat Leo einen Kollegen erschossen. PTBS, Posttraumatische Belastungsstörung. Auch wenn dieser Begriff im Buch nicht einmal fällt, ist es das, was Leos Zustand am ehesten beschreibt. Nicht mehr in der Lage, eine Waffe in die Hand zu nehmen, fristet Leo seine Tage ohne sinngebende Tätigkeit, Tabletten und Alkohol haben sich in seinen Alltag geschlichen, dazwischen immer die Hoffnung, wieder in den aktiven Dienst zurückzukehren. Nun war Leo Junker aber auch vor diesen Ereignissen nicht gerade ein Sonnenschein. Aufgewachsen in einem Vorort Stockholms, in einer Umgebung, die als sozialer Brennpunkt in den Nachrichten Erwähnung finden würde. Drei Hochhäuser, grau, trist, die Triaden genannt, dort verbringt Leo seine Jugend, wird von älteren Jungs verprügelt, die wiederum von älteren Jungs verprügelt wurden, und verprügelt selbst, weil er verprügelt wird. Eine Spirale der Gewalt, ansteckend wie eine Virus, teilt Leo aus, was er selbst einstecken muss. "Der Turm der toten Seelen" erzählt viel von den vergangenen Tagen Leo Junkers, lebt von den Erinnerungen an seine Jugend, an seinen Freund John Grim, an dessen kleine Schwester Julia. Fast empfand ich diese Abschnitte als spannender, aufschlussreicher, vielsagender als die Ereignisse, die sich in der Gegenwart abspielten, auch wenn es dort die Leiche gab. ;) Die Ermittlungen der Polizei, denen Leo hier auch nur als Außenstehender beiwohnen kann, in die er aber immer wieder versucht, sich einzumischen, bilden nicht den Mittelpunkt der Handlung, es ist Leos Vergangenheit, in der man sich viel bewegt und die, wie so oft, der Schlüssel zur Gegenwart ist. Garniert wird dieser Reihenauftakt übrigens mit einer netten Rahmenhandlung, die auch Freunden von thematisierter Korruption im Polizeiapparat und kleiner Verschwörungsszenarien gefallen dürfte, natürlich, immerhin arbeitet Leo Junker in der Abteilung für interne Ermittlungen. Das Buch endet mit einem abgeschlossenen Fall, aber hält schon die Fäden für den Folgeband bereit, der unter dem Titel "Schmutziger Schnee" im Oktober 2015 bei C. Bertelsmann erscheinen soll. Fazit: Wer Blut und Gemetzel sucht, psychopatische Serienmörder oder fiese Foltermethoden, wird hier kaum fündig. "Der Turm der toten Seelen" ist ein Krimi der leisen Töne und wenn man gewillt ist, ihnen zu lauschen, kann man in eine dichte Geschichte abtauchen. Eine Geschichte darüber, wie sich Schuld verselbstständigen und Wut entwickeln kann. Eine Geschichte über Kriminalität, über Konsequenzen und auch über Freundschaft und Vertrauen.

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