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Rezension zu
Die Schwestern von Marzahn

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

vom Schein und Sein

Von: suveti
24.04.2019

Neugierig wurde ich auf dieses Buch durch ein Radiointerview mit der Autorin, das ich während einer längeren Autofahrt hörte. Die Autorin, Christiane Tramitz ist Verhaltensforscherin und beschäftigt sich seit langem schon mit unterschiedlichen Facetten menschlicher Verhaltensweisen. Für „Die Schwestern aus Marzahn“ lebte sie selbst mehrerer Wochen im Berliner Stadtbezirk, der - man möchte es kaum glauben - allein die Einwohnerzahl einer Großstadt beherbergt. Ich habe das Buch in „einem Rutsch“ gelesen. Es lebt von seiner Doppeldeutigkeit, die sich nicht nur im Titel äußert und sich auf zwei seiner Protagonisten-Paare bezieht sondern auch von Worten einer Frau vor dem Suizid, die unter die Haut gehen und mich noch Tage, nachdem ich das Buch gelesen und zur Seite gelegt hatte, beschäftigten Die Schilderung des Aufbaus der ehemalig kleinen Siedlung im Berliner Randgebiet zu einer der größten in Europa, deren Besiedlung und Verfall in den Nachwendejahren ist zum einen bedrückend, zum anderen schärft die liebevolle Charakterisierung seiner Bewohner den Blick hinter die Kulissen und lässt den Leser verstehen, warum viele seiner Bewohner dem Bezirk noch heute so eng verbunden sind. Die Erzählung, die auf wahrend Begebenheiten beruht, ist berührend und erschreckend zugleich. Das Bild der „Cindy aus Marzahn“ tauchte bei der Lektüre kein einziges Mal in meinen Gedanken auf. Vielleicht gerade, um nicht diesem Klischee zu erliegen, empfand ich jedoch die Wahl der Namen etwas störend. Der Vorname Fabian wird erst seit den 1970er Jahren vermehrt vergeben und hat bis heute sichtlich an Beliebtheit gewonnen. Dass linientreue Funktionäre ihren Sohn so nannten halte ich für unwahrscheinlich - ich kenne zumindest keinen Mann mit diesem Namen im Alter des Protagonisten. Auch die Recherche ostdeutschen Vokabulars ist an einigen Stellen etwas mangelhaft: von „Grundschule“ oder „Kita“ (gab es nicht in der Form, wie wir sie heute kennen) war seinerzeit nicht die Rede, das „Personalbüro“ sicherlich eher als „Kaderbüro“ bekannt. Auch die Ausdrucksweise der Ordensschwestern („Lover“, „sich die Kante geben“, „aufgehübscht“) empfand ich als wenig authentisch. In der wörtlichen Rede habe ich den bei Marzahner Urgewächsen sicher stark ausgeprägten Berliner Dialekt vermisst. Kleine Kritikpunkte. Alles in allem aber absolut lesenswert und anregend!

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