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Rezension zu
Willkommen in Lake Success

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein meisterhafter Roman mit Sogwirkung, der seine Message gekonnt und mit Witz rüber bringt. Ein absolutes Must-Read!

Von: Buchlady
06.05.2019

Dieses Buch ist ein herrliches Gesellschaftspanorama der USA und spielt während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016. Trump hat die Wahl noch nicht gewonnen, wird aber heftig diskutiert. Diese Diskussion ist ungeheuer wichtig, meint eine der Personen im Roman, denn immer wenn in ihrem Leben etwas schief läuft, denke sie an Trump und merke dann, dass die wirklichen Katastrophen eigentlich woanders als in ihrer Familie passieren. Man merkt sofort, das Buch hat einen bissigen und intelligenten Humor. Hauptthema ist jedoch nicht der Wahlkampf, sondern das New Yorker Wall Street-Milieu. Barry Cohen, Anfang 40, ist Manager eines milliardenschweren Hedgefonds. Nun ja, jedenfalls war der Fonds milliardenschwer, bis es den einen oder anderen Verlust gegeben hat. Die Börsenaufsicht hat sich noch nicht direkt gemeldet. Aber weil es in Barrys Leben in einer 400 qm-Wohnung in Manhattan ohnehin gerade nicht so rund läuft – seine Frau ist am Boden zerstört seit der gemeinsame 3-jährige Sohn eine bestimmte Diagnose bekommen hat, die sein etwas seltsames Verhalten erklärt – beschließt er, dass er sich ändern muss. Amerika ist ein freies Land, und nichts ist so inspirierend wie ein Road Trip in einem Greyhound Bus. Barry reist per Bus quer durch die USA, um seine Collegeliebe wiederzufinden. Mit ihr wäre das Leben sicher genauso, wie er es sich immer erträumt hat, oder? Barry begegnet unterwegs allem, was man zwischen Manhattan und El Paso, Texas so erwarten kann: Farbigen Menschen, Drogen, einem einäugigen Mexikaner, religiösen Fanatikern und einer blutjungen Frau, die scharf auf Barry ist. Er sieht heruntergekommene Vorstädte und Motels, muss zwischendurch hungern und sich mit dem Gestank im Bus abfinden. Das kann Barry nur deshalb ertragen, weil er in seinem Koffer einige seiner Luxusarmbanduhren nebst Uhrenbewegern mitgenommen hat. Nichts beruhigt Barry so sehr, wie dem Sekundenzeiger einer goldenen Piaget mit den Augen zu folgen. „Die Uhr saugte das unmenschliche Leuchten des umliegenden Raums in sich auf und ersetzte es durch Schönheit und Hoffnung.“ (S. 15) Gary Shteyngart, der lustigerweise selbst einen großen Uhrentick hat, wie die Figur Barry einen jüdischen Hintergrund hat und dessen Vorname sich kaum von dem seiner Hauptfigur unterscheidet, nimmt diverse Klischees und Gesellschaftsschichten – einschließlich sich selbst - aufs Korn. Dabei gibt es immer wieder versteckte Seitenhiebe in Richtung Trump und anderer Tycoone, etwa wenn Barrys spätere Ehefrau überlegt: „Ein so reicher Mann konnte nicht dumm sein. Oder war das, dachte Seema, jetzt der große Trugschluss im Amerika des einundzwanzigsten Jahrhunderts?“ (S. 110) Shteyngarts Satire kommt gerade zur rechten Zeit, während sich Europa (und der halbe Rest der Welt) immer mehr fragt, wie es die USA zu einem Präsidenten wie Trump bringen konnten und dieser sich auch noch im Amt hält. Die groteske Story ist hinreißend komisch. Das Lachen bleibt einem jedoch zuweilen im Halse stecken, wenn man feststellen muss, dass es tatsächlich eine große Anzahl von Menschen zu geben scheint, die so denken, leben und handeln wie die Charaktere des Buches.

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