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Rezension zu
Eine Stunde hinter Mitternacht

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Bitte nur in Häppchen genießen

Von: edafromearth aus Gladbeck
14.10.2019

Die Neuauflage von Hesses „Eine Stunde hinter Mitternacht“ durch den Diederichs-Verlag ist ein Schmuckstück für das Bücherregal: das schlichte aber besondere Cover zeichnet sich aus durch das tiefbläulich glänzende Ornament, das mit dem der Originalausgabe aus dem Jahre 1899 identisch ist. Nicht nur optisch, auch inhaltlich ist dieses Buch ein Diamant – zwar nicht bis zur Perfektion veredelt, aber durchaus wertvoll. Auf 112 Seiten taucht der Leser in neun Prosadichtungen ein, die die ersten Schritte Hesses in die literarische Welt darstellen. Hesse selber sprach von seinen „Prosastudien“, wohingegen der Verleger Eugen Diederichs sie mit „Skizzen“ betitelte. Keiner der beiden war wirklich überzeugt von der Sammlung. Umso interessanter ist es, was das Buch beim Lesenden des 21. Jahrhunderts auslöst. Das Interesse für Klassiker und Sprachen halte ich für wichtige Voraussetzungen, um dieses Buch lieb gewinnen zu können. Es ist eine zum Teil veraltete Sprache mit Wörtern, die heute nicht sehr häufig gebraucht werden (z. B. „Aushau“ oder „ehegestern“). Ich finde das unheimlich interessant, weil diese Sprache hohes dichterisches Potenzial hat. Wörter wie z. B. „Waldstille“ lassen bei mir das Herz höher schlagen. Die für uns unübliche Schreibweise hat ihren eigenen Rhythmus, der mir gefällt, weil er herausfordernd ist. Dementsprechend ist er aber auch ermüdend und man verliert bald die Konzentration, da man an einigen Stellen zweimal überlegen muss, was genau gemeint ist. Aus diesem Grund sollte man das Buch nicht in einem Rutsch lesen. Hesse erschafft sich in seinen Texten Traumwelten, um der Wirklichkeit zu entfliehen. In diesen wird er nostalgisch und ersehnt seine Vergangenheit, insbesondere seine Kindheit und Jugend. Natürlich sind auch Liebschaften bzw. die Liebe ein beliebtes Thema. Manche Erzählungen haben etwas Märchenhaftes. Einigen Passagen konnte ich kaum was abgewinnen. Vor allem die Überschwänglichkeit und Euphorie waren für mein Empfinden zu viel des Guten. So als hätte ein pubertierender Jungen geschrieben, der sich zum ersten Mal verliebt. Aber das alles macht diese Sammlung zu einem abwechslungsreichen Lesestoff und man sieht ganz deutlich, wie Hesse damals experimentiert hat.

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