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Rezension zu
Haarmann

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Menschliche Abgründe vor historischer Kulisse

Von: Thomas Rudel
12.04.2020

Dirk Kurbjuweit zeichnet in seinem Kriminalroman „Haarmann“ das Leben des titelgebenden Fritz Haarmann nach, der in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg mindestens zwei Dutzend Jungen und junge Männer in Hannover getötet hat und damit zu einem der prominentesten Serienmörder Deutschlands wurde. Der Autor unternimmt dabei nicht den Versuch, das historische Geschehen einfach spannend nachzuerzählen, sondern er vermischt in seinem Werk die bekannten Fakten und Fiktion gekonnt miteinander, sodass die Grenzen selbst für einen leidlich informierten Leser schwer zu trennen sind. Kurbjuweit verwebt das Schicksal Haarmanns mit dem des fiktiven Kommissars Robert Lahnstein, der der eigentliche Protagonist des Romans ist. Sein Ringen um beruflichen Erfolg und das Hadern mit der eigenen, durch Krieg und Not geprägten Historie steht über weite Strecken im Fokus des Autors. Durch Zeitsprünge und Perspektivwechsel schafft dieser sowohl Spannung als auch Verwirrung und fordert immer wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Leserschaft. Diese erfährt zunächst nichts über den Täter, sondern bekommt Einblick in das Leben der Opfer und ihrer Familien. Ebenso wird sie an die Biographie des Kommissars und die politischen und gesellschaftlichen Wirren der jungen Weimarer Republik herangeführt. Auch hier flicht Kurbjuweit immer wieder gekonnt historisch belegte Figuren und Details ein, so dass ein dichtes und überzeugendes Panorama der für die meisten Gesellschaftsschichten gar nicht so goldenen 1920er Jahre entsteht. Als der Kommissar dem Mörder endlich auf die Spur kommt, ringt der Ermittler nicht nur mit ihm, sondern auch zunehmend mit sich selbst, mit seinen eigenen Werten und mit der Frage, wie weit der Rechtsstaat gehen darf oder muss und wie es um die Menschlichkeit im Angesicht des Unmenschlichen bestellt ist. So wird aus der spannenden Geschichte von Jäger und Gejagtem schließlich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage nach Schuld und Verantwortung, nach Recht und Gerechtigkeit – und erhält so eine zeitlose Aktualität. Absolut lesenswert!

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