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Rezension zu
Haarmann

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein unspektakuläres Abbild der 1920er Jahre

Von: Franci Becker aus Ilmenau
01.05.2020

Wer kennt ihn nicht: einen der berüchtigsten Serienmörder den Deutschland je gesehen hat - Fritz Haarmann. Ich habe mich sehr auf den Kriminalroman von Dirk Kurbjuweit gefreut, der am 17.02. 2020 im Penguinverlag erschien. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass sich meine Freude rasch in Langeweile verwandelte. Der Leser wird durch den Ermittler Robert Lahnstein in das Deutschland der zwanziger Jahre geführt. Durch authentische Schilderungen & Beschreibungen erhascht man einen greifbaren, realistischen Eindruck der Zustände, die zu dieser politisch stark erregten Epoche herrschten. Der Mangel an allem - sei es Liebe, Nahrung & Kleidung, Interesse an seinen Mitmenschen oder körperlicher Hygiene -; das Bild, welches mir in den Sinn kam, wenn ich durch Gassen & Gestank geführt wurde, von einem grauen, dreckigen Land mit seinen verwahrlosten, abgehärteten Bewohnern - das Deutschland nach & zwischen dem Krieg - löste eine starke Beklommenheit in mir aus. Die Art, wie der Autor die Suche nach einem Serienmörder erzählt, klar, mit kurzen, einfachen Sätzen, verstärkte mein Unbehagen. Eine trockene, emotionslose Schreibweise lässt den Kriminalroman wie einen Bericht erscheinen, in dem der Serienmörder Haarmann zwar als Hauptfall geführt, jedoch meiner Meinung nach nicht intensiv genug betrachtet wird. Das Leben von Lahnstein, einschließlich Rückblenden zu seiner Zeit als Pilot, die Weimarer Republik & die politische Situation im Gesamten waren meinem Eindruck nach das Hauptthema auf den 320 Seiten, zogen sich in eine gähnende Länge. Einen Hauch von Spannung empfand ich lediglich bei den wenigen Abschnitten, in denen ich den Gedanken von Haarmann selbst oder den Weg eines seiner letzten Opfer folgen durfte. Interessant, wenn auch gleichermaßen erschreckend, war die Tatsache der prägnanten Prostitution & Homophobie, die in den zwanziger Jahren vorherrschte, somit jeder Homosexuelle als potenzieller Straftäter, gar Unrat betrachtet wurde; aus heutiger Sicht undenkbar. Die Einblicke in die damalige Polizeiarbeit, samt Korruption & fragwürdigen Methoden, die Gleichgültigkeit der Gesellschaft u.A. gegenüber zahlreichen verschwundenen Jungen ließen mich den Kopf schütteln & dankbar dafür sein, nicht in dieser tristen Zeit gelebt zu haben. Beim Lesen selbst störte mich das Fehlen von Satzzeichen bei der wörtlichen Rede. Besonders macht dieses Werk die gründliche Recherche, sowie das Einbringen von original Aussagen, Gutachten & Schriftstücken. Wer auf einen spannenden Krimi hofft, in denen der berühmte Serienmörder Fritz Haarmann reichlich zu Wort kommt, detailliert auf die Taten selbst eingegangen wird, den muss ich leider enttäuschen. "Haarmann" von Dirk Kurbjuweit war für mich eine Mischung aus einer faktenreichen, fundierten Reportage, deren Lücken mit einem unspektakulären Roman gefüllt wurden.

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