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Rezension zu
Der Fremde aus Paris

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Auf der Suche nach Zugehörigkeit

Von: anku
15.09.2020

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs geht Midhat, ein junger Palästinenser, auf Wunsch seines Vaters nach Frankreich, um dort Medizin zu studieren - und damit einer Armeeverpflichtung zu entgehen. In seiner Gastfamilie in Montpellier wird er herzlich aufgenommen. Nach längerem Anlauf erwidert auch Jeanette, die emanzipierte Tochter des Gastgebers, seine Gefühle - und doch bleibt er in dieser neuen Umgebung ein Fremder, ein "Araber". Ein Vertrauensbruch seitens seines Gastgebers lässt Midhat abrupt abreisen, er stürzt sich in das turbulente Leben in Paris, hat viele Frauengeschichten, vergisst aber nie seine große Liebe Jeanette. Auch in Paris, wo er mit dem Geschichtsstudium beginnt, ist er ein Fremder, der sich nach Zugehörigkeit sehnt. Dieses Gefühl des Fremdseins bleibt auch, als er wieder zurück in die Heimat geht - er ist inzwischen so "europäisiert", dass ihm die Anpassung an das traditionelle Leben in Palästina schwerfällt. Mit dieser Geschichte verwoben sind interessante und lehrreiche Einblicke in die Geschichte Palästinas, in die politisch-historischen Ereignisse vom Ende des Osmanischen Reiches bis hin zum Konflikt zwischen Israel und Palästina. Aber ohne Vorkenntnisse und ohne die angehängte Auflistung der "Schlüsselereignisse" wären diese nur schwer zu verstehen. Insgesamt gesehen brauchte ich relativ lange, um wirklich in das Buch "eintauchen" zu können. Dies mag zum Teil daran liegen, dass viele arabische Ausdrücke eingeflochten sind - der Lesefluss wird durch häufiges Nachschlagen im angehängten Glossar arabischer Begriffe unterbrochen. Für mich kam erschwerend hinzu, dass die Vielzahl von auftretenden Personen mit ähnlich klingenden Namen, obwohl zu Beginn des Buches aufgelistet, sehr verwirrend wirkt. Der Schreibstil von Isabella Hammad ist flüssig und bilderreich, aber ein wenig zu detailveriebt, was in vielen Passagen langatmig wirkt. Aber es gelingt dieser jungen Schriftstellerin hervorragend, die innere Zerrissenheit, die Hoffnungen und Enttäuschungen sowie die Selbstzweifel des Protagonsten Midhat spürbar zu machen. Ich halte das Buch für absolut lesenswert, man sollte nur bereit sein, sich auf Neues und Fremdes einzulassen.

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