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Rezension zu
Als die Welt stehen blieb

Eindrücke aus der Anfangszeit der Corona-Pandemie

Von: Carina Libri
21.10.2020

Maja Lunde hat bisher Wissenschaftsromane geschrieben, die in eine Zukunftsdystopie entführen. In ihrem neuesten Buch nimmt sie den Leser dagegen in ihre aktuelle Gegenwart mit. Sie beschreibt ihre Eindrücke zur Zeit als die Corona-Pandemie in Norwegen zum ersten Lockdown führte. Das Buch beginnt völlig unvermittelt mit einem kurzen Ereignis am 11. März 2020, bei dem die Autorin die Unsicherheit anhand einer kleinen Situation beschreibt. Damit ist der Ton für das gesamte Buch gesetzt. Es besteht aus lauter kurzen Situation, die eine Situation oder eine Überlegung beschreiben. Es wirkt wie eine Art Tagebuch, in das die Autorin ihre Erlebnisse und Gefühle einträgt - manchmal mit Tagen Abstand, häufig mehrmals am Tag unabhängig voneinander. Sie beschreibt ihren (oder einen fiktiven?) Alltag mit drei Söhnen und ihrem Mann, während alle im Homeoffice sind und versuchen Kontakte zu vermeiden. Auch auf das Leben ihrer Eltern und ihrerer Großmutter im Pflegeheim wird eingegangen. Dabei kommen ganz gemischt Schwierigkeiten mit dem Homeschooling, Versuche der Beschäftigung, die Sorge um die demente Großmutter, die Gartenarbeit, Telefonate mit Freunden und Verwandten und die neuesten Nachrichten von der Regierung und aus der ganzen Welt. Das Buch umfasst einen Zeitraum von weniger als drei Wochen, in denen jedoch so viel erlebt und erzählt wird, dass es deutlich länger wirkt. Wie schnell ein neuer Alltag entsteht, wie schnell Umstände akzeptiert werden können. Der Leser wird so sehr mit hinein genommen in das Leben, dass er sich fast als Teil der Familie fühlt. Das Titelbild zeigt eine felsige Küste vor einem blau-orangenen Hintergrund, der an einen Sonnenauf- oder untergang erinnert. Es wirkt sehr ruhig, friedlich, irgendwie zeitlos. In der Hinsicht zeitlos passt es sehr gut zum Titel. Doch sowohl der Titel als auch das Titelbild scheinen für mich nicht ganz zum Buch zu passen. Die Autorin beschreibt immer wieder ihre Unruhe, Sorge und das ständige Überprüfen der Nachrichten. Die meisten ihrer Einträge drücken eher Nervosität und Anspannung statt Ruhe und Frieden aus. Der Sonnenauf- oder untergang könnte jedoch auch für eine Änderung und einen Wechsel zwischen zwei Zuständen sehen, was der Situation entsprechen würde. Maja Lunde beschreibt den Alltag einer "normalen" Familie zu Beginn der Corona-Pandemie, wie ihn vermutlich viele ähnlich erlebt haben. Sie schafft es dabei in Worte zufassen, was scheinbar die ganze Welt bewegt: Die Sorge um die eigene Familie, aber auch andere; der plötzliche Wechsel in einen neuen Alltag; und vor allem die Unsicherheit, die Situation nicht völlig verstehen zu können und nicht zu wissen, welches Verhalten richtig wäre. Wer über alle Ereignisse zu Beginn der Corona-Pandemie informiert werden will oder wissenschaftliche Fakten erwartet, wird enttäuscht. Es geht um das Leben einer Familie, die zwar auch einschneidende Veränderungen erlebt, aber nicht schlimm betroffen ist. Das richtige Buch um zu zeigen, dass sehr viele Menschen isoliert von einander ähnliche Erlebnisse hatten. Das richtige Buch, um später einen Eindruck dieser schwer fassbaren Zeit zu geben. Das richtige Buch, um sich trotz allem irgendwie geborgen zu fühlen.

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