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Rezension zu
Die Schweigende

Fesselnd und erschütternd

Von: Elvira Pfeiffer / Goch9
19.11.2020

Karin Remy kann es nicht fassen, dass ihr Mann Jens vor ihr gegangen ist. Nach vierundfünfzig Ehejahren lässt er sie jetzt in Stich, allein mit all ihren Dämonen. Karin hat eine unbeschreiblich grausame und zerstörerische Vergangenheit verdrängt und mit Jens Hilfe nahezu vergessen, aber jetzt………. Ihre drei bereits erwachsenen Töchter haben nie verstanden, warum ihre Mutter nicht in der Lage war, ihnen ihre Liebe zu zeigen und Zärtlichkeiten zuzulassen. Sie hat ihre Töchter versorgt und zum Lernen angetrieben. Für Verständnis, Geborgenheit und Liebesbekundungen war immer ihr Vater zu ständig. Nach seinem Tod droht die Familie auseinanderzubrechen. Fünfhundertfünfzehn Seiten Mitgefühl, Fassungslosigkeit, Scham, Trauer und letztlich auch Wut umfasst dieser Roman. „Ich wollte - stellvertretend für unzählige andere – das Schicksal eines Heimkindes lebendig werden lassen. Vor allem aber wollte ich zeigen, welche Auswirkungen diese Art von „Pädagogik“ bis in die nächste und übernächste Generation haben kann,…..“ Ellen Sandberg Das ist ihr gelungen. Die Lebenslust und Neugier der jungen Karin und im Gegensatz dazu die Bitterkeit, mancher auf Zucht und Ordnung beharrenden Erwachsenen der 50er Jahre, sind mir aus Erzählungen meiner Mutter bekannt. Natürlich war niemandem (vor allem nicht den Denunziantinnen!) klar, welche Folgen ihre Anzeigen hatten. Man hat immer mal wieder von Misshandlungen in Kinderheimen gehört. Genauso wie man heute immer wieder von Missbrauch innerhalb der Kirche hört, aber dieses Ausmaß …... Es ist (nur) ein Roman, aber Ellen Sandberg hat meiner Meinung nach, die Chance genutzt, anhand Karins Lebensgeschichte die Praktiken und Verbrechen einiger Erziehungsheime (ich hoffe, es waren wirklich nur einige und nicht alle) dieser Zeit bloßzustellen und offenzulegen. Karins Gefühlstaubheit, die ihr überhaupt nur ein weiteres Leben ermöglicht, prägt ihre drei Töchter und führt bei ihnen zu unterschiedlichen Reaktionen, wie Berührungsängste, Verlustängste. Die Folgen der verbrecherischen Erziehungsmethoden und das Schweigen der Opfer wirken auch noch Generationen später. Wenn der umsorgende, gefühlsvolle und ausgleichende Vater nicht mehr da ist, bricht die Familie auseinander. All das ist berührend und doch mit dem nötigen Abstand meisterhaft erzählt.

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