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Rezension zu
Die Schweigende

Realität kann Albtraum sein

Von: Nadine Schmidt
17.06.2022

Selbst im Taschenbuchformat ist der Roman “Die Schweigende” von Ellen Sandberg mit seinem Umfang noch etwas einschüchternd. Doch sobald man die ersten Seiten gelesen hat, kann man ihn nicht mehr aus der Hand legen und wünscht ihn sich nur noch dicker. Das liegt zum einen daran, dass die Geschehnisse auf wahren Begebenheiten beruhen und zum anderen daran, dass die Bestsellerautorin ein beeindruckendes Geschick hat uns die Geschichte aus mehreren Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitebenen zu erzählen, sodass man sofort gefangen wird. Inspiriert von Colson Whitehead Bestseller “Die Nickel Boys” berichtet Sandberg von den Erziehungsheimen der Fünfzigerjahre, dem furchtbaren Schweigen, die Rolle der Kirche und welche Auswirkungen dieser Horror auf das Leben der Betroffenen und die nachfolgenden Generationen hat. Versprechen am Sterbebett “Die Schweigende” startet mit dem Tod von Jens Remy, der seine Tochter Imke noch am Sterbebett das Versprechen abnimmt, nach einem gewissen Peter zu suchen. Niemand weiß, wer genau das sein soll und auch die Mutter Karin, deren Verhältnis zu ihren insgesamt drei Töchter sowieso immer schwierig war, stellt sich unwissend. Nach und nach erfahren wir mehr über die komplexe Familienkonstellation, die sich nach durch das Fehlen des Vaters natürlich auch nochmals verändert. Die drei Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein, tragen alle Komplexe und emotionale Wunden mit sich spazieren, aus denen sich ihre Handlungen von außen aber gut nachvollziehen lassen. Skurril und geheimnisvoll wirkt die Mutter, die mit dem plötzlichen Alleinsein überfordert scheint und sich von niemandem bevormunden lassen möchte. Ein erschütternder Alptraum Es fällt schwer, “Die Schweigende” von Ellen Sandberg zu rezensieren, ohne zu viel zu verraten. Was aber wie eine harmlose Familiengeschichte an einem dunklen Punkt startet, wandelt sich nach und nach zu einem erschütternden Alptraum, der von der Vergangenheit in die Zukunft reicht. Ellen Sandberg beschreibt alles so detailliert, dass man sich die Schauplätze und handelnden Personen sofort genau vorstellen kann, lässt aber auch genug Freiraum für Interpretationen und verfängt sich nicht in übertriebenen oder abstoßenden Schilderungen. Wenn man bedenkt, dass Ellen Sandberg früher in der Werbebranche arbeitet und dort sicherlich grell und auffallend texten musste, ist das umso beeindruckender. Wer ein Normalmaß an Empathie besitzt, wird von “Die Schweigende” geschockt sein. Dieses Gefühl verfestigt sich noch, wenn man parallel dazu die Suchmaschine bemüht und massive Überschneidungen zwischen Realität und Fiktion findet. Was am Ende bleibt, ist Betroffenheit und aufrichtiges Verständnis für vermeintlich gefühlskalte Menschen, sowie Dankbarkeit für ein Aufwachsen in einem verhältnismäßig freien und offenen Umfeld. “Die Schweigende” von Ellen Sandberg lässt sich locker in zwei bis drei Tagen verschlingen, da einem die Geschichte sowieso nicht aus dem Kopf geht und man für sein Seelenheil eine Auflösung haben möchte.

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