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Rezension zu
Gott bewahre

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Jesus Christus, zweiter Versuch

Von: Edith Nebel
14.07.2015

Der Himmel ist in John Nivens Vorstellung eine Art Familienbetrieb, Gott, der Chef, eine coole Socke: ein attraktiver Herr, der ab und zu mal einen Joint raucht und über einen erstaunlich deftigen Wortschatz verfügt. Sein Sohn macht ihm Sorgen: Der Kerl wird einfach nicht erwachsen. Er singt, spielt Gitarre und hängt dauernd mit Musikern wie Jimi Hendrix herum. Weil auch Gott mal Ferien braucht, packt seinen Kram und fährt für eine Woche zum Fischen. Die Verantwortung überlässt er während dieser Zeit Jesus. Was kann in einer Woche schon anbrennen? Im Himmel nichts. Aber in einer Woche Himmelszeit vergehen auf der Erde immerhin rund 400 Jahre. Weil Jesus sich erwartungsgemäß um rein gar nichts kümmert, geht’s dort bald fürchterlich rund. Bei Gottes Abreise hat man bei uns hier unten das Jahr 1609 geschrieben. Als er gut gelaunt mit einem Bündel Forellen wieder zurückkommt, sind wir im 21. Jahrhundert angelangt. Während er nachliest, was während seines Urlaubs alles passiert ist, kriegt er die Krise. Was ist nur aus dem einzig wahren Gebot geworden: „Seid lieb?“ Satan in den Kellergeschossen – der ein wenig Danny DeVito ähnelt - triumphiert. Seine Geschäfte laufen glänzend. Den Herrn packt die Wut. So kann er Menschheit nicht weiterwursten lassen. Jemand muss sie auf Kurs bringen, sie führen, inspirieren und ihnen helfen. Die Auswahl ist da nicht groß. Und weil Gott auch der Herr über die Zeit ist, lässt er Jesus im Dezember 1979 als Sohn einer ahnungslosen Jungfrau im amerikanischen Mittelwesten auf die Welt kommen. 32 Jahre später haust der talentierte aber erfolglose Gitarrist und Sänger JC mit zwei Musiker-Kumpels in einer winzigen Bruchbude in New York und gilt als naiver Gutmensch. Was ja auch kein Wunder ist: Er nennt sich Jesus Christ, ist von einer unfassbaren Unschuld, Güte und Gelassenheit und kümmert sich hingebungsvoll um gescheiterte Existenzen wie Junkies, Obdachlose und Alkoholiker. So richtig Bewegung kommt in sein Leben, als seine Musikerfreunde ihn dazu überreden, beim Casting der Fernsehsendung „American Pop Star“ mitzumachen. Dort erkennt man sein Talent und seinen publikumswirksamen Freak-Faktor und winkt ihn durch. Doch die Show selbst findet in Los Angeles statt. Weil er seine hilfsbedürftigen Freunde nicht alleine lassen will, kommen sie einfach alle mit. Mit einem ausrangierten und notdürftig umgerüsteten Greyhound-Bus fahren sie nach LA. Auch wenn Jesus sich an keine der Fernsehshow-Regeln hält und alles repräsentiert, was Steven, der zynische Juror von „American Pop Star“ von Herzen hasst, rockt er die Show. Das Publikum liebt ihn, die Einschaltquoten gehen durch die Decke. Von diesem Ausflug in die Glitzerwelt bleiben genügend Dollars übrig, damit JC für sich und seine Getreuen eine Farm in Texas kaufen kann. Ein geifernder Radioprediger und ein lokaler Pastor sehen allerdings in JC und seiner „Kommune“ eine Gefahr. Ellenlang ist die Liste ihrer Vorwürfe. Und der arme Dorfsheriff Ike, der JCs Leute nur für harmlose Spinner hält, sieht sich plötzlich in die Rolle des Pontius Pilatus gedrängt. Zu guter Letzt stürmt eine schwer bewaffnete Hundertschaft das Farmgelände und die Razzia läuft grandios aus dem Ruder. Doch hier ist die Geschichte noch nicht zu Ende ... Der Autor macht sich Gedanken über Gott, den Glauben und die Religionen, über die Gesellschaft, die Menschheit und den Tod – und heraus kommt das kreischkomische Abenteuer eines naiven Musikers und einer Gruppe von Verlierern. Die Geschichte hat aber durchaus auch ihre berührenden Momente. In vielem ist man geneigt, dem Jesus aus der Geschichte zuzustimmen. Wenn irgendwelche Fundamentalisten ihre intolerante Weltsicht damit begründen, dass sie ja Christen seien, widerspricht er. Nein, genau das seien sie nicht. Und er verwahrt sich dagegen, dass sie fortwährend Gottes Willen interpretieren, weil sie damit in den allermeisten Fällen grundfalsch liegen. Jesus weiß schließlich am besten, was sein Dad denkt und will. Im Casting-Show-Teil hätte man die Story vielleicht ein wenig straffen können. Das hat ja mit Jesus’ Auftrag nur bedingt zu tun. Und: Müssen die alle so extrem unflätig daherreden? Ständig? Das ist doch ein bisschen heftig. Man kann aber nicht aufhören zu lesen, weil man unbedingt wissen will, ob es für Jesus diesmal besser ausgeht als beim ersten Mal. Und seine Zusammenstöße mit manchen extremen Ausläufern des Christentums sind sehr überzeugend.

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