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Rezension zu
Ich bin

Von Rassismus, Wut und kreativer Power

Von: Ines
01.08.2022

Melanie Raabe schreibt über diese Autobiographie im Vorwort, dass sich alle großen Themen unsere Zeit darin wiederfinden: die Düsternis von Krieg, Flucht, Rassismus – und das Licht von Resilienz, Wachstum, Familie, Freundschaft, Liebe, Kreativität. Das benennt genau das, was ich beim Lesen auch gespürt habe. Die ersten 65 Seiten umfassen die Zeit der Kindheit von Bisrat Negassi, von unbeschwerten Kindheitstagen in Eritrea bis zur Flucht über den Sudan, die dann in Deutschland endet. Ab dem Eintreffen der Autorin in Deutschland wird das Buch sprachlich deutlich emotionaler. Während ich den ersten Teil bis zum Eintreffen in Deutschland mehr als zeitliches Ablaufdokument – natürlich mit intensiven Gefühlen, aber eben doch dokumentarisch – gelesen haben, spielten danach die Emotionen beim Lesen für mich mehr eine Rolle als die Stationen des Lebenslaufs. Die Sichtweisen der Autorin empfinde ich zum Teil als sehr absolut und hart urteilend. Aber vielleicht kann man kaum anders sein, wenn man als Schwarze – sie nennt sich selbst so, deshalb verwende ich das Wort – in einer primär weißen Welt seinen Weg finden muss? Wenn man täglich von Kleinigkeiten bis zu absoluten Unmöglichkeiten das Gefühl hat, sich für seine Hautfarbe oder Haarstruktur oder was auch immer rechtfertigen zu müssen und aktiv ausgegrenzt wird, kann ich am Ende verstehen, wenn man im Punkt Alltagsrassismus eine Null-Prozent-Toleranzschwelle entwickelt. Mir reicht ja schon, was ich mir als weiße, in Hamburg geborene Frau manchmal von Männern anhören muss. Da möchte ich nicht erleben, was auf einen zukommt, wenn man nicht nur eine Frau ist, sondern auch noch eine mit brauner Haut (so benennt sie ihre Hautfarbe). Ich lese gerne Biografien, die sich von meinem Leben deutlich unterscheiden, um den Horizont zu erweitern. Beeindruckend bei dieser finde ich die Geradlinigkeit der Autorin und dass sie ihre Wege korrigiert, wenn sie spürt, dass sie ihr nicht gut tun. Sich durchzusetzen, wo es wichtig ist, für sich einzutreten, wo man ansonsten das Gefühl hat, daran einzugehen. Aus ihrer Wut wurde meinem Eindruck nach ein kreatives, erfülltes Leben, in dem Eritrea und Deutschland beide einen Platz haben. Und Paris. Und viele andere Plätze auf dieser Welt.

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