Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Schwerer als das Licht

Tanja Raich | SCHWERER ALS DAS LICHT

Von: Bookster HRO
05.10.2022

Raich führt uns auf eine tropische Insel, von exotischen Tieren bevölkert und farbenfrohen Pflanzen bewachsen. Auf der Insel lebt auch eine Frau. Sie ist allein und pflegte bisher eine harmonische Symbiose mit der Natur. Doch irgendwann begannen die Pflanzen zu sterben, alles welkte, verdorrte, wurde faulig und morsch. Nun werden die Tiere immer aggressiver und es beginnt ein Kampf um die letzten Ressourcen, bevor alles in schimmelndem Schwarz ein Ende findet. Bedrohlich ist auch das kriegerische Volk im Norden, das in wilden Trommeltänzen immer weiter in den Süden vorrückt. In ständiger Angst vor Übergriffen baut die Frau ihre Hütte zu einer Festung aus, verschanzt sich hinter einer ganzen Reihe von Fallen und Hindernissen. Doch der Augenblick, in dem sie sich der Konkurrenz stellen muss, wird kommen – wenn sie nicht verhungern will, gibt es vor der Konfrontation kein Entrinnen. Müsste ich SCHWERER ALS DAS LICHT mit einem Wort beschreiben, fiele meine Wahl auf: beklemmend. Die Atmosphäre, die Raich von der ersten Seite an aufbaut, ist dermaßen düster und beängstigend, dass es mir mit jedem Kapitel weiter die Kehle zuschnürte. Verstärkt wird dieses Gefühl durch den schnörkellosen Schreibstil: Figuren bleiben namenlos, beschrieben wird nur das Nötigste; kein Wort ist zu viel, kein Satz zu lang, nur bei den Naturbeschreibungen erlaubt sich Raich, etwas weiter über die Ufer zu treten. Dennoch ist die Prosa nicht ohne Reiz, ganz im Gegenteil. Mit ihrer präzisen, immer den Kern ihrer Aussage treffenden Sprache gelingt der Autorin eine Art dunkle Poesie, ein Text, so schwarz glänzend wie Vulkanglas. Was den Roman ebenfalls bemerkenswert macht, ist die Fülle an Interpretationsmöglichkeiten. Oberflächlich gesehen, kann das Buch schnell als Parabel auf den Klimawandel abgehakt werden, ein Kammerspiel, das den ewigen Kampf Mensch-vs.-Natur widerspiegelt. Doch bei einem tieferen Blick tun sich noch viel mehr Ebenen auf. Möglich wäre auch, dass es sich um das Psychogramm einer Phobikerin handelt, die Angst vor der Außenwelt hat – die Insel als Inbegriff diffuser Bedrohung, die Festung des eigenen Ichs als einzige Zuflucht. Oder beschreibt das Sterben aller Schönheit den Weg in eine Depression? Dieser Reigen mit den Bedeutungen lässt sich bei SCHWERER ALS DAS LICHT endlos tanzen und die Autorin liefert die passende Musik dazu. Die Fragen, die sie dabei stellt, sind sind so klar wie fundamental. Was ist Angst? Was ist Verlust? Was ist Trauer? Warum ist Leben gleich Kämpfen? Tanja Raich hat ein weiteres Mal gezeigt, dass sie zu den großen Stimmen ihrer Generation gehört. Ich erkläre SCHWERER ALS DAS LICHT hiermit zu einem großen Highlight des frisch angebrochenen Literaturherbstes.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.