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Rezension zu
Die Hungrige

Selbstfindung einer Vampirin

Von: Gilgi_reads
01.04.2024

Der Vampir 🧛‍♂️, wie wir ihn kennen, als verführerischer Wiedergänger in Menschengestalt, wurde von John Polidori 1816 während eines verregneten Sommers am Genfer See erfunden. In einem Wettstreit zwischen ihm, Lord Byron, Mary und Percy Shelley entstanden Geistergeschichten, die sich die jungen Autor*innen wechselseitig vorlasen. Auch „Frankenstein“ hatte hier seinen Ursprung. Der attraktive Blutsauger oder sein weibliches Pendant, das von Joseph Sheridan Le Fanu 1872 in der Figur der lesbischen Vampirin „Carmilla“ einführt wurde, sind das Andere, das Bedrohliche, die Nacht. Die Figur diente lange als Metapher für das Unbewusste, für unterdrückte sexuelle Begierden, wie in Bram Stokers „Dracula“ (1897), in dem der Biss zum sexuellen Akt wird. Gleichzeitig wird der Vampir zum Außenseiter, dessen menschliche Seite sich in die Gesellschaft zurücksehnt, der Liebe sucht und an seiner Monstrosität scheitert. Hier setzt Claire Kohda, japanisch-englische Musikerin und Autorin, mit ihrem Debütroman „Die Hungrige“ an. Die junge Kunstakademieabsolventin Lydia wünscht sich, einen Partner zu finden, zu heiraten, ein kleines Leben mit Kindern und Tieren zu führen. Sie träumt von Ramen, Sushi und Misosuppe, wahrscheinlich das Erbe ihres japanischen Vaters. Aber nichts von alledem ist für sie bestimmt, denn sie ist die ewig Hungrige, die Blut trinken muss. Als ihre Quelle für Schweineblut versiegt, wird es brenzlig. Sie hat nicht gelernt, sich selbst zu versorgen, ihre Natur anzunehmen, denn ihre Mutter hat sie in dem Glauben erzogen, das eigene Wesen unterdrücken zu müssen, es als unrein und dämonisch zu begreifen. Als diese dement wird, muss Lydia ihren eigenen Weg gehen. Sie bezieht ein kleines Atelier in einem Haus für Kunstschaffende, beginnt ein Praktikum in einer renommierten Galerie und macht sich auf die Suche nach sich selbst. Dabei verliebt sie sich in Ben, einem der anderen Künstler, wird in der Galerie von Gideon, dem unheimlichen Besitzer, sexuell belästigt und stirbt fast an dem Wunsch, menschlicher zu werden, als sie Milch trinkt und sich unwissentlich vergiftet. Es ist ein Roman über Selbstfindung, weibliches Empowerment und Intersektionalität. Als junge Engländerin mit einer malaiisch-englischen Mutter und einem bereits verstorbenen japanischen Künstler als Vater, die in einer patriarchalischen Branche, dem Kunstbetrieb, in dem Frauen immer noch zu Objekten degradiert werden, Fuß zu fassen versucht, ist sie mehrfachen Diskriminierungen ausgesetzt. Fazit: Ein unterhaltsamer Roman, der dem Vampirmotiv eine neue spannende Variante hinzugefügt hat. Auch die intermedialen Bezüge z.B. zu anderen starken Frauen wie „Buffy - the Vampire Slayer“ macht den Roman auch für Genrekenner*innen zu einem Lesevergnügen.

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