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Rezension zu
Runas Schweigen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Nichts für schwache Nerven!

Von: Bellezza-ribelle
06.10.2015

Zum Cover: Ich liebe, liebe, liebe das Cover! Die Farben, die Tropfen, die Spiegelung in diesen und die Schrift. Es hat etwas mysteriöses an sich, dass mich neugierig auf mehr gemacht hat. Zur Geschichte: Wir befinden uns in Paris, im Jahre 1884. Jori ist ein Schweizer Medizinstudent an der grössten Klinik für Nervenkrankheiten Europas, der Salpêtière. Dort lauscht er den Vorlesungen des Weltberühmten Prof. Dr. Jean-Marie Charcot, welcher immer wieder neue Behandlungsmethoden an seinen Patientinnen ausprobiert und so immer interessante und aufschlussreiche Berichte veröffentlicht. Doch der Schein trügt. Der zunächst begeisterte Jori empfindet immer mehr Mitleid für die vorgeführten Patientinnen, nicht nur, weil seine grosse Liebe auch als geisteskrank gilt. Als er dann auf Runa trifft, ist er fest entschlossen, dem Mädchen zu helfen. Runa jedoch, scheint nicht nur eine merkwürdige Psyche zu besitzen. Als in der ganzen Stadt überraschende und kuriose Dinge geschehen, scheinen alle Beweise zu der in der Salpêtière eingesperrten Runa zu führen. Meine Meinung: Dieses Buch ist zeitgleich faszinierend und interessant, als auch erschreckend. Die Geschichte um Jori und Runa verknüpft so erschreckend viele reale Geschehnisse und Personen mit fiktionalen, dass ich bei jeder der gruseligen und verstörenden Behandlungsmethoden hoffte, diese wären aus der Fantasie der Autorin entsprungen. Bis Google mich aufklärte und mir noch schlechter wurde. Durch diese in die Geschichte eingeflochtene Realität, hat Vera Buck einen packenden Roman, der meine Gefühlswelt komplett auf den Kopf gestellt hat, erschaffen. Der Umgang mit den Patientinnen, die Therapiemethoden und die generelle Einstellung gegenüber allem, was auch nur ansatzweise nicht ganz perfekt war, ist erschreckend. So habe ich mir im Laufe des Buches eine Liste rausgesucht, auf der einige Gründe standen, weshalb man als Frau (natürlich waren Männer von so etwas wie Nervenkrankheiten nicht betroffen) in ein "Altershospiz" eingewiesen werden könnte. Die harmlosesten wären: Faulheit, Egoismus oder (das beste, meiner Meinung nach) eine politische Meinung. Ich hatte an vielen Stellen den inneren Drang, das Buch gegen die Wand zu pfeffern. Nicht weil es schlecht ist, keines Wegs. Sondern weil Frauen wirklich sehr schlecht wegkommen und es, obwohl ich sehr viel Interesse an Psychiatrie habe, mir oft sehr wehgetan hat zu lesen, wie die Patientinnen behandelt wurden (für die Interessierten: Ovarienpresse z.B.). Es gibt einen weiteren Handlungsstrang: den des Monsieur Lecoq, ein ehemaliger Polizist, welcher sich nun auf Grund seiner Physiognomie, für den Verbrecher schlechthin hält. Er beginnt auf Anfrage eines Klienten, nach dessen Frau zu suchen und stösst bald auf komische Zeichen, welche sich in ganz Paris wiederfinden lassen. Obwohl die Geschichte zu Beginn sehr an den Haaren herbeigezogen wirkt, ergibt sie bald mehr Sinn und man hofft, dass sich doch alles zum Guten wendet. Über Runa möchte ich nicht viel schreiben, da sich da jeder sein eigenes Bild machen sollte und ich nicht zu viel verraten möchte. Mir tat sie von Anfang an leid und ich hätte sie liebend gerne in den Arm genommen und an einen sichereren Ort gebracht. Die Autorin schafft es mit ihrem lockeren, aber doch sehr ernsten, Schreibstil den Leser in den Bann zu nehmen. Sie beschreibt so realistisch, dass obwohl wir heute einen gewissen Hygienestandard haben, ich mir dieses verdreckte, heruntergekommene Paris sehr gut vorstellen konnte. Es war wirklich kein Ort an dem man nicht zur Oberschicht gehören möchte. Gleich zu Beginn des Buches wird Spannung aufgebaut, die sich auch bis zum Ende durchzieht und niemals locker lässt. Leider hat sich die Autorin ein bisschen in den Fakten und Details verrannt. So wurde am Ende des Buches ein Grossteil der Fragen beantwortet, jedoch einige wichtige offen gelassen. Das finde ich sehr schade, denn das Ende hat mir das Buch irgendwie kaputt gemacht. Fazit: Ein unheimlich spannendes und interessantes Buch, das starke Nerven (gerade von den weiblichen Lesern) benötigt und die Frage zurücklässt: was bedeutet Fortschritt, wenn dafür tausende Menschen leiden?

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