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Rezension zu
Chuzpe, Anarchie und koschere Muslime

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Israel verstehen

Von: Anke liest
25.11.2015

Welch ein fast schon epischer Konflikt in Israel herrscht, spürt man erst, wenn man mal dort war - wenn man durch die Altstadt Jerusalems gelaufen ist, im muslimischen und im jüdischen Viertel war oder auch hinauf zum Tempelberg steigen durfte, vorbei an 10 schwer bewaffneten Soldaten. Man hat schnell den Eindruck, dass man sich hier nur als Christ (oder Atheist) relativ frei bewegen kann. Man spürt das erst, wenn ein Taxifahrer einen durch die Siedlungsgebiete in Ostjerusalem fährt (auf dem Weg zum Ölberg und wir hatten eben einen palästinensischen Taxifahrer). Und das alles spürt man schon, wenn man nur durch die Stadt läuft. Johannes C. Bruckheimer, der unter anderem in Israel Naostwissenschaften studierte, geht einen Schritt weiter. Er unterhält sich mit allen möglichen Leuten in der israelischen Gesellschaft. Er unterhält sich mit gut an die Gesellschaft angepassten Muslimen, die allerdings von ihrem Vermieter gebeten werden, dass sie in ihrer Wohnung bleiben, wenn eine andere Partei vermietet werden soll. Er ist aber auch beeindruckt vom jüdischen Humor - seine Freundin verkleidet sich etwa auch ganz gerne mal als Anne Frank. Gleichzeitig erfährt der Leser auch tiefgängiges zum Geschichtsverständnis der Israelis - für die vor allem ein Roman des österreichers Theodor Herzl eine wichtige Rolle spielt. Gleich im ersten Satz jedoch begeht Bockenheimer leider einen kleinen Fehler... "Im Anfang war das Wort" stammt nicht vom Apostel Johannes, sondern vom Evangelisten Johannes - der erst 60 Jahre später lebte... Ich weiß, das ist klugscheißerisch, aber ansonsten finde ich das Buch ja ganz prima. Er berichtet mit ganz viel Charme und Witz über die eigentlich dramatische Situation in einem Land. Und dabei nähert er sich von allen Seiten - und das macht das Buch besonders angenehm, weil eben nicht einseitig aus der Perspektive der Araber oder aus Perspektive der Juden geschrieben, auch nicht aus den Extremperspektiven - da dort nicht jeder Jude ein potentieller Siedler ist, nicht jeder Muslim am liebsten Morden würde. Und das hebt das Buch für mich von den vielen Büchern über den Nahostkonflikt ab. Es will den Konflikt nicht lösen, sondern die Menschen, die alltäglich mit ihm leben müssen, verstehen.

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