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Rezension zu
Farbenblind

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Amoklauf im Freizeitpark – ein echter Pageturner mit einer starken und vielschichtigen Ermittlerfigur

Von: Büchermonster
27.01.2016

Man muss sich heutzutage als Thrillerautor schon etwas einfallen lassen, um in der Masse an Spannungsliteratur nicht unterzugehen, und die Amerikanerin Colby Marshall scheint bei ihrem neuen Roman „Farbenblind“ zumindest mit ihrer Protagonistin schon mal auf einem guten Weg dazu zu sein, denn Dr. Jenna Ramey bringt beste Voraussetzungen für eine interessante Serienfigur mit: sie kann als forensische Psychiaterin nicht nur auf eine langjährige Berufserfahrung beim FBI und anschließend als selbstständige Beraterin vorweisen, hat ein gemeinsames Kind mit ihrem Kollegen und Ex-Partner und eine Mutter, die als Serienkillerin unter anderem schon versucht hat, Jennas Vater und Bruder umzubringen. Das alleine wäre schon aufregend, allerdings weist die selbstbewusste und unerschrockene Frau noch eine weitere Besonderheit auf, die ihr in ihrem Berufsalltag durchaus zugute kommt: Jenna ist Graphem-Farb-Synästhetikerin, d.h. sie assoziiert alles in ihrer Wahrnehmung mit Farben, egal ob Buchstaben, Zahlen, Tage oder Menschen. Aufgrund dieser neurologischen Auffälligkeit kann sie oft schon bei der ersten Begegnung mit einem Menschen dessen Wesen erfassen und ist auch in der Lage, unterdrückte Emotionen zu erkennen – als Profilerin sicherlich eine wertvolle Fähigkeit. Diese Besonderheit teilt Jenna übrigens mit ihrer Schöpferin Colby Marshall, die selbst Synästhetikerin ist – man darf also davon ausgehen, dass die Autorin weiß worüber sie schreibt und dass dieses Phänomen authentisch dargestellt wird. Ich war auf „Farbenblind“ in erster Linie wegen genau dieser Eigenheit der Hauptfigur gespannt, muss rückblickend allerdings konstatieren dass genau dieser Teil des Buches für mich zu den wenigen Schwachstellen dieses Thrillers zählt. Das liegt für mich vor allem daran, dass die Synästhesie für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen ist, weil die Farbassoziationen relativ willkürlich erscheinen und man nicht anders kann, als Hauptfigur und Autorin in dieser Hinsicht blind zu folgen. Wenn Dr. Jenna Ramey also einem Verdächtigen gegenübertritt und sie diesen z.B. als Orange – für Jenna ein Indikator für Unaufrichtigkeit – wahrnimmt, muss man einfach auf die Intuition der Psychiaterin vertrauen und die Person der Lüge verdächtigen – greifbare Hinweise für Nicht-Synästhetiker gibt es dafür in den meisten Fällen jedoch keine. Ich habe für mich im Verlauf des Buches aber auch festgestellt, dass Jenna Ramey diese Besonderheit gar nicht braucht, da sie auch ohne ihre Farbwahrnehmung eine interessante Persönlichkeit ist. Vor allem ihr familiärer Hintergrund als Tochter einer Serienmörderin ist spannend und es ist fast ein wenig schade, dass sich der Großteil dieses persönlichen Dramas bereits in ihrer Vergangenheit abgespielt hat – immerhin liefert Colby Marshall diese einschneidende Episode aus dem Leben ihrer Protagonistin in der Kurzgeschichte „Plain Sight“ nach, die allerdings bisher noch nicht auf Deutsch erschienen ist. Dr. Jenna Ramey ist jedoch auch in der Gegenwart eine facettenreiche und zudem sympathische Figur, welche die Geschichte oft fast im Alleingang trägt, allerdings bietet der Roman aber auch den ein oder anderen sehr gelungenen Nebencharakter. „Farbenblind“ punktet aber nicht nur mit einer interessanten Ermittlerfigur, sondern hat auch eine packende Story zu bieten, die gleich auf mehreren Handlungsebenen für Nervenkitzel sorgt. Zum einen fasziniert das Psychoduell zwischen Amokschütze Nr. 1 und der Psychiaterin, dann gibt es noch die Jagd auf Schütze Nr. 2, der nach dem Freizeitpark-Massaker noch auf freiem Fuß ist und dann – denn aller guten Dinge sind drei – treibt auch noch ein verzweifelter Vater auf einem persönlichen Rachefeldzug das Spannungsniveau in die Höhe. Manchmal wirkt das vielleicht ein wenig zu viel des Guten, allerdings bleibt die Handlung dabei trotz der vielen Szenenwechsel jederzeit übersichtlich und nachvollziehbar, zudem lassen die kurzen und knackigen Kapitel diesen Thriller zu einem echten Pageturner werden. Colby Marshall macht mit ihrem ersten Jenna-Ramey-Band also vieles richtig und eigentlich nichts wirklich falsch, lediglich die Darstellung der Farbsynästhesie der Protagonistin konnte mich wie oben angesprochen nicht so ganz überzeugen – da die Autorin diese Besonderheit aber dosiert anspricht und nie in den Vordergrund drängt, kann man über diese Schwäche wohlwollend hinwegsehen.

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