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Rezension zu
Ein ganzes Leben

[Rezension] Robert Seethaler: Ein ganzes Leben

Von: Katja
11.03.2016

Robert Seethaler, in Wien geboren, ist Schriftsteller, Schauspieler und Drehbuchautor, und feierte sein Debüt als Romanautor mit “Die Biene und der Kurt“, für den er 2007 ausgezeichnet wurde. Es folgten mehrere Romane, sowie das Drehbuch für den auf zahlreichen internationalen Filmfesten gezeigten Film “Die zweite Frau“. “Ein ganzes Leben” ist sein fünfter Roman und erschien 2014. Kann man ein ganzes Leben auf nicht einmal 200 Seiten bannen? Robert Seethaler beweist in seinem Roman “Ein ganzes Leben“, das dies durchaus möglich ist, und rafft mehrere Jahrzehnte zu einigen einschneidenden und bedeutsamen Szenen zusammen. Seethaler erzählt die Geschichte von Andreas Egger, der als Kind zum Hof seines Onkels in ein kleines Bergdorf geschickt wurde, den niemanden wollte, und der letztendlich sogar vom Hofherrn zum Krüppel geprügelt wird. Doch trotz seines Hinkens entwickelt sich Egger zu einem starken Mann, stärker als andere im Dorf. Gerade dies bringt ihm letztendlich auch die Chance, sich als Tagelöhner durchzuschlagen – anders hätte er in einer Zeit, in der schon bei der Geburt entschieden wird ob man das Recht hat etwas aus seinem Leben zu machen oder nicht, auch gar nicht überleben können. Egger ist ruhig, schweigsam, ja fast schon eigenbrötlerisch, der sich in sein Schicksal zu fügen scheint, aber auch versucht, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Sei es eine Arbeit bei Bittermann & Söhne, eine Firma, die den Seilbahnbau ins Dorf bringt – und damit den Tourismus – oder die Liebe selbst. Eine Liebe, die so einfach und doch so besonders ist, dass sie wahrlich zu Egger passt. Egger ist ein einfacher Mann, mit der Natur verbunden, mit einem Ohr für den Wind und die Berge, voll Ehrfurcht für die Kraft von Mutter Natur. Der Bau der Seilbahnen fungiert als Symbol – so ist Egger doch gezwungen, sich auf den Fortschritt einzulassen, doch all die Veränderungen in der Welt, all die Hektik, haben auch ihre Schattenseiten. Menschen sterben, Menschen die Egger ans Herz gewachsen sind, Menschen die ihm die Welt bedeuten – und auch er selbst sieht sich letztendlich gezwungen, in den Krieg zu ziehen; er, den die Armee mit seinem Hinkebein zu Beginn noch gar nicht wollte. “Ein ganzes Leben” ist unglaublich schlicht gehalten, sowohl in der Sprache als auch im Inhalt. Nichts scheint überflüssig, und doch ist jedes Wort am richtigen Ort, hat jede Szene ihre Bedeutung und hinterlässt eine Spur in Eggers Leben – und im Kopf des Lesers selbst. Demütig akzeptiert Egger den Fortschritt und die Probleme, die dieser mit sich bringt, lässt die Moderne aber nie ganz in sein Leben einziehen – deutlich in der Art und Weise zu sehen, wie er mit dem damals aufkommenden Phänomen des Fernsehens umgeht. Ein einfaches Leben, ein Dorf in dem die Zeit stillzustehen scheint, ein Einzelgänger der versucht mit den Veränderungen klarzukommen, die das Leben für ihn bereithält, und ein Autor der es schafft, sogar Töne und Geräusche – oder deren Abwesenheit – in Worte zu fassen. “Ein ganzes Leben” überzeugt mit einem einfachen, jedoch perfekt zur Geschichte passenden Schreibstil und erzählt von Höhen und Tiefen, von Stillstand und Veränderung, von gewinnen und verlieren. Ein melancholischer Roman der genau wie sein Hauptcharakter Andreas Egger in seiner Einfachheit besonders ist. Wenn man sich denn darauf einlässt.

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