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Rezension zu
Die Gestirne

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Verregneter Neuseeländische Welt 1865 – ein Lieblingsschmöker !

Von: Bücherfüllhorn
16.05.2016

Das Buch beginnt, wie in der Inhaltsangabe angekündigt, mit einer rätselhaften Zusammenkunft. Alles war sehr mysteriös und zog mich ziemlich augenblicklich in den Bann. Zum einen wollte ich schon nach den ersten 45 Seiten wissen, welches Geschehen hatte Walter Moody so nachhaltig verstört? Was ist wirklich auf der Überfahrt der „Godspeed“ passiert Und natürlich, welches Geheimnis bewahren die zwölf Männer im Salon? Der Erzählton ist unbeschreiblich faszinierend merkwürdig. Es ist gelungen, dass ich mich jeden Abend auf dieses Buch freute. Darauf freute, erneut in die Welt 1865 in Neuseeland einzutauchen. Man sitzt als Leser mit in dieser kargen und ungemütlichen Salonbar, man sieht die Holzbaracken ähnlich einer Westernstadt vor dem inneren Auge entstehen, die grüne Landschaft mit dem ständigen Regen, der die Kleidung durchnässte und die Straßen in Matsch verwandelte. Man ist sofort vor Ort, mitten im Geschehen, man ist dabei, im Restaurant, im Salon, im Regen, am Hafen… Das Setting erinnerte ein wenig an eine Westernstadt in Amerika. Holzverschläge, und auch überall Chinesen, der Opiumhandel. Manchmal fiel es mir schwer, der Handlung zu folgen, wenn z.B. Kapitän Francis Carter sich auf einmal Crosbie Wells nannte, und wenn dieser dann noch einen Bruder gehabt haben soll, der aber doch nicht sein Bruder war. Der Francis Carter, der eine Frau hatte, die aber dann noch die Frau eines anderen war … also, Konzentration ist gefragt. Vieles in dieser Geschichte dreht sich um den Tod (Mord?) von Crosbie Wells, um das Verschwinden von Emery Staines und um den angeblichen Selbstmord der opiumsüchtigen Hure Anna. Und um viele andere Kleinigkeiten, Befindlichkeiten, Annahmen und Ereignisse, die dann zu einem großen Ganzen zusammengefügt werden. So nach und nach erzählen die Männer Walter Moody ihre Version von dem, was passiert ist. Anscheinend sind alle zwölf Männer, wenn auch nur am Rande, in den Fall verwickelt. Immer tiefer offenbaren sich dem Leser die Intrigen, die am Werk sind, gesponnen wurden oder noch gesponnen werden. Ich als Leser vermutet nach jedem Kapitel, nach jedem Gestirn, in dem weitere Männer in diesen mysteriösen Fall gezogen wurden, dass jeder zwölf Männer in diesen Fall involviert ist. Als Leser hatte ich zwischendurch den Gedanken, dass vielleicht nicht jeder die volle Wahrheit zählt, und war dahingehend auf den Schluss sehr gespannt. Jeder der Männer ist auf irgendeine Weise mit in den Fall involviert, jeder hat einen Profit aus dem Tod von Crosbie Wells geschlagen und jeder hat natürlich seinen eigenen Profit vor Augen. Zudem scheinen auch einige den verbrecherischen Kapitän zu kennen bzw. mit ihm Geschäfte gemacht zu haben. Nachdem die ersten Männer vorgestellt wurden, und wie sie mit dem Fall zusammen hängen, schlägt Auktionator Nilssen, dem alle diese Beteiligungen zu Ohren gekommen sind, ein geheimes Treffen vor. Dies erklärt dann auch die Szene, in die Walter Moody am Anfang des Buches hineingeplatzt ist. Zwölf Männer und ein Komplott, wenn man es so nennen will. Wie nun aber alle zusammen gekommen sind, das ist etwas verwirrend. Der Leser kann sich nicht sicher sein, ob sich tatsächlich alles so zugetragen hat, denn vielleicht hat der ein oder andere noch ein Geheimnis oder Wissen, dass er zurückhält. Als Leser musste ich sehr konzentriert lesen. Am Schluss gipfelt sich zunächst alles in einer Seance, um dann doch plötzlich an ganz andere Stelle in einer Gerichtsverhandlung und in der Vergangenheit vom Emery Staines und Anna Wetherell zu enden. Die kleinen Kapitel gehen fast alle mit einem kleinen Cliffhanger zu Ende, so dass ich mich gedulden musste, um vielleicht an anderer Stelle zu erfahren, wie es weitergegangen ist oder bis besagte Person wieder mit dem erzählen an der Reihe war. Manchmal dachte ich auch, dass bestimmte Begebenheiten, die nicht vollständig erklärt werden, mich als Leser aber in eine bestimmte Richtung schubsen sollten, eine Finte waren. Den Schluss fand ich eigentlich auf überraschenderweise ruhig, ungewöhnlich, dieser Zeitsprung zurück. Praktisch alles nochmal auf Null zurück, um zu verstehen, wie das alles wirklich zustande kam. Im Vergleich zu der ausführlichen Geschichte war der Schluss einfach knapp und kurz. Fazit: Ich habe mitgefühlt, ich habe die nebelverhangenen Berge gesehen und hatte den immerwährenden Nieselregen im Gesicht, habe die feuchte Kleidung auf meiner Haut gespürt. Und das wurde mit einem nicht alltäglichen Erzählton erreicht. Mit einer Erzählsprache, die man wollen muss, bin ich in der Zeit zurück gegangen. Ich war da, in Hokitika, ich war dabei. Als Leser dieses Buches muss man konzentriert lesen können, muss man sich alle Personen im Kopf wie auf einer Bühne vorstellen. Man muss die Personen „kennen und erkennen“ und dann kommen noch die vielen Vorfälle dazu: es gibt Hypothesen, Ansichten, Verdächtigungen aller Art, die sich je nachdem aufs abenteuerlichste, aufs phantastischste, eigenwilligste oder auch trügerischste präsentieren. Hier ist vollste Konzentration nötig, um den Überblick zu behalten. Ich gestehe, dies ist mir nicht ganz gelungen und vielleicht ist das für das große Ganze auch nicht so dringlich nötig, soweit man nur das meiste davon versteht. Verwirrend war für mich auch der Titel und die Zuordnung der Kapitel nach den „Gestirnen“, die in der Geschichte selber kaum bis gar nicht erwähnt werden. Vielleicht ist es mir aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich, dies zu interpretieren. Von daher hier meine einfache Meinung dazu: Ich fand die Nennung der Gestirne unnötig. Auch wenn gegen Endes Buches zwei Personen genannt werden, die zur gleichen Zeit geboren wurden und somit von den astrologischen Gestirnen her „verbunden“ sind. Ein klitzekleiner magischer Moment bestätigt dies zu einer Zeit, in der der Leser diese aber noch nicht verstehen kann. Also, wer auf astrologische und esoterische Erkenntnisse hofft, der wird mit diesem Buch hier nicht bedient werden. Dennoch habe ich mich jeden Abend auf das Lesen gefreut, darauf in die Welt von Hokitika abtauchen zu können. Das Buch gipfelt nach und nach dem Ende zu, bei dem alles wieder auf „Anfang“ gestellt wird. Ich persönlich hatte mit so einen Anfang und Ende nicht gerechnet. Alles in allem empfinde ich das Buch als sehr lesenswert, als einen Schmöker für lange Stunden. Der Erzählton und Schreibstil der Autorin gefallen mir sehr gut, und ich werde weitere Bücher von ihr lesen. Es ist schon erstaunlich, wie Sie aus kleinen Ereignissen eine so große und unterhaltsame Geschichte schreibt. Als eventuelle Entscheidungshilfe möchte ich noch sagen, man sollte historische Romane, eigenbrötlerische Männer und Westernstadt-Flair in Regen und Match mögen. Und auch, wenn man es nicht mag, sollte man sich nicht davon vom lesen abschrecken lassen. Dieses Buch ist nämlich mal etwas komplett anderes. Dennoch sollte man schon genug Lese-Erfahrung für diese 1000 Seiten mitbringen. Eigentlich schrecken mich Bücher in dieser Seitengröße oft ab. Aber dieses hier hat sich zu lesen gelohnt und ich bin froh, dieses Wagnis auf mich genommen zu haben.

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