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Rezension zu
It’s teatime, my dear!

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Mit Blick auf vielfache britische Eigenheiten

Von: Michael Lehmann-Pape
18.05.2016

Dass da einer kommt, der den Zähler ablesen will, ist soweit ja ganz in Ordnung. Denkt sich Bryson, auch wenn das seit Jahren, Jahrzehnten, vielleicht noch nie vorgekommen ist. Dass der junge Mann dann zurückkehrt, klingelt und darauf beharrt, auch den separaten Zähler auf der „Herrentoilette“ ablesen zu müssen (die nicht existiert im Privathaus des Herrn Bryson, zumindest nicht in dieser Form, in der der Ableser auf dem öffentlichen Charakter des Hauses (gegen allen Augenschein) beharrt), das ist, legt Bryson nahe, typisch britisch. Eine Mischung aus Größe, enge, ausdauerndem Festhalten an bestimmten, selbst nur vermeintlichen Vorschriften (Schinken, Käsesandwich? Gerne. Welches? Schinken und Käse! Geht nicht, nur Schinken oder Käse!), an wahnwitziger Fehlplanung (sechs Sträucher können nicht mehr gepflegt werden, dafür wird der gesamte Platz neugestaltet), aber auch an Tradition, Bewahrung und tatsächlicher Exzellenz (drei der britischen Universitäten stehen unter den Top Ten der Welt bei nur einem Promille Anteil am weltweiten Bildungswesen und deutlich weniger Mitteln als die Mehrzahl selbst durchschnittlicher amerikanischer Universitäten). Bill Bryson macht sich wieder auf. Nach 1995 durchschreitet er „seine Insel“ ein weiteres Mal. Besucht dabei (nicht wenig, übrigens) Ort zum zweiten Mal und kann den Lauf der Zeit gut und anschaulich darlegen (wie den Niedergang des ein oder anderen Stadtteils in London, aber auch die fast „Wieder-Auferstehung“ in alter Schönheit, zumindest die Entwicklung dahin, in Oxford. Von trostlosen Käffern mit einst stolzer Brust (Hove, bis hin zur äußersten nördlichen Spitze (Cape Wrath) an zahllosen Orten mit mannigfaltigen Anekdoten und kleinen und größeren Geschichten um die Historie der Orte, über das Leben von Freunden, um das Ergehen historisch einst wichtiger Persönlichkeiten. Locker und leger erzählt Bryson und erkennbar mit selbst inzwischen verinnerlichtem „britischen Humor“ (wenn er einem Amerikaner in Londons U-Bahn versucht, Informationen zu geben). Andererseits, nicht in gleicher Weise interessant gestalten sich die einzelnen Stationen, die Bryson besucht. Langatmige Naturwanderungen mit Eindrücken von Wiesen und Wäldern, ebenso wenig wirklich mitreißende Beobachtungen des Verkehrs in Oxford wechseln sich ab mit treffenden, humorvoll erzählten Portraits von Orten, persönlichem Ärger über das verfallen lassen mancher alter Schönheiten des Landes, ein Stauen über London (mit tatsächlich interessanten, in dieser Form kaum wirklich geläufigen Informationen (warum die Skyline genauso ist, wie sie ist und welche Vorschrift eine andere Skyline verhindert hat) und immer wieder die Begegnung mit den Menschen, mit Eigenarten, mit einem „Lifestyle“ der tatsächlich wohl andernorts so nicht zu finden sein wird. Weshalb am Ende dann, bei aller Kritik, die Bryson auch teils süffisant äußert, auch dieses Buch eine echte Liebeserklärung an das ist, was Bryson als Kern des englischen Seins und der englischen Lebensweise immer wieder vor Augen rückt. Im Gesamten unterhaltsam, informativ, subjektiv, mit Augenzwinkern und Ironie ein gut zu lesendes Buch, das manche Längen dennoch nicht verbergen kann.

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