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Rezension zu
Das Zimmer

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Interessante Lektüre mit ein paar Schwächen

Von: Annika
22.07.2016

Joans Karlsson, Jahrgang 1971, ist nicht nur Autor, sondern auch Schauspieler. „Das Zimmer“ erschien 2016 auf Deutsch und wurde von Paul Berg aus dem Schwedischen übersetzt. Björn, der Ich-Erzähler des Romans, arbeitet seit Kurzem in „der Behörde“. Wofür diese Behörde nun genau zuständig ist, erfährt man nicht. In seinem vorherigen Job wurde ihm nahegelegt, zu gehen und nun hat er einen Arbeitsplatz in einem Großraumbüro, in dem er Akten bearbeitet. Er ist sehr ehrgeizig und sieht seine Chance, in der Behörde aufzusteigen, hält er sich doch für intelligenter und arbeitsamer als seine Kollegen. Jedoch unterscheidet sich Björn auch in anderer Hinsicht von ihnen: Er ist sozial inkompetent und wenn ihn etwas an seinen Kollegen stört, dann sagt er es ihnen frei heraus, er nimmt keine Rücksicht auf die Empfindlichkeiten seines Umfelds. Auch legt er keinen Wert auf nähere Bekanntschaften mit seinen Kollegen und macht das durch seine kurzsilbigen Antworten deutlich. Er fühlt sich von dem Verhalten seiner Umgebung abgelenkt, es bringt ihn in seinem Arbeitsrhythmus mit fest gelegten Pausen durcheinander. Eines Tages entdeckt er aber auf dem Weg zur Toilette eine Tür, hinter der sich ein kleines Büro befindet. Sobald er dieses Zimmer betritt, fühlt er sich ruhig und kann sich danach wieder ungestört seinen Aufgaben widmen. Allerdings behaupten seine Kollegen, dass dieser Raum nicht existiert und Björn vermutet, dass sie das sagen, um ihn zu mobben. Er besucht weiterhin das Zimmer und macht sich damit noch mehr zum Außenseiter des Büros, es wird ihm sogar von seinem direkten Vorgesetzten verboten, das Zimmer nochmals zu betreten. Also besucht er es heimlich, wenn alle gegangen sind und arbeitet darin unglaublich produktiv. „In ihm herrschte die gleiche Art von Entspannung und begrenzter Freiheit. Jede Linie schien perfekt mit der nächsten verzahnt zu sein. Alles Turbulente, Unruhige verschwand. Die Präzision kehrte zurück.“ Doch was macht dieses Zimmer zu so etwas Besonderem? Existiert es überhaupt? Dieses Buch hat mir im Großen und Ganzen gut gefallen, es ist leicht und flüssig zu lesen, vielleicht auch dank der sehr kurzen Kapitel. Es ist zu einem gewissen Grad kafkaesk, Karlsson erreicht zwar bei weitem nicht die sprachliche Virtuosität Kafkas, doch der Leser befindet sich in einer undurchschaubaren Situationen, da erst am Ende geklärt wird, ob sich das Zimmer nur in Björns Kopf befindet oder er aufgrund seines ungewöhnlichen Verhaltens das Opfer einer großangelegte Mobbingaktion seiner Kollegen ist, auch das Unwissen, für welche Dinge diese ominöse Behörde zuständig ist und warum ihr eine mögliche Schließung droht, trägt dazu bei. Björn ist nicht durchschnittlich, meiner Meinung nach könnte es sein, dass er das Asperger Syndrom hat, denn das würde sein Benehmen gegenüber den Kollegen erklären. Da diese sich darüber keine Gedanken machen, sondern ihn wahrscheinlich als Sonderling abstempeln und meiden und ab einem gewissen Zeitpunkt auch einfach nur „loswerden“ wollen, zeigt, dass die (Arbeits-) Gesellschaft doch weniger Platz für anders denkende Menschen hat, als man gemeinhin annimmt. Björn erfährt erst Anerkennung und auch eine gewisse soziale Akzeptanz, als er (dank der heimlichen Arbeit in dem Zimmer) Erfolg hat, wobei ihm da auch klar wird, was den Unterschied zwischen ihm und den anderen Büromitarbeitern ausmacht. „Ich war ihnen immer etwas voraus. Ungefähr zwei Wochen. Sie benötigten diverse Gelegenheiten, um wahrzunehmen, was ich bereits beim ersten Versuch sah. War es mit dem Zimmer vielleicht das Gleiche?“ Um meine Kritikpunkte an dem Buch zu schildern, müsste ich auf das Ende näher eingehen, was ich aber hier nicht tun möchte. Abschließend bleibt zu sagen, dass „Das Zimmer“ ein Roman mit guten Ideen (z.B. dass beruflicher Erfolg auch gesellschaftlichen Erfolg bedeutet, der unabhängig ist von den positiven und negativen Eigenschaften der erfolgreichen Person) und einer gut zu lesenden Umsetzung ist, ich allerdings einen anderen Ausgang interessanter gefunden hätte.

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